Samstag, 25. Juni 2022

Der Sieg



Congratulations!

Amerika hat es geschafft. Nach nahezu 50 Jahren eines infamen Abtreibungsgesetzes, das 1973 unter dem Namen Roe v. Wade die Abtreibung in den USA gesetzlich erlaubte und damit für die Tötung von geschätzten 63 Millionen Kindern im Mutterleib verantwortlich war, ist Roe v. Wade Geschichte. Am Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu hat der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten das mörderische Gesetz aufgehoben.

Der Sieg ist historisch. Und er verdankt sich dem unermüdlichen, tapferen, entsagungsreichen Kampf der amerikanischen pro-life-Bewegung. 50 Jahre lang hat diese Bewegung standgehalten, hat gebetet, gekämpft, hat übelste Attacken über sich ergehen lassen, hat Unrecht, Diskriminierungen, Schläge, Verspottungen, Verfolgungen und unzählige mediale Ehrabschneidungen ertragen und dennoch weitergekämpft.

Hier seien stellvertretend für so viele Kämpfer drei grandiose Pro Lifer genannt, ohne deren mutige und beharrliche Standhaftigkeit dieser Sieg nicht gekommen wäre.

Monsignore Philip J. Reilly, der Gründer der weltweiten Lebensschutzbewegung Helpers for God’s Precious Infants, hat jahrezehntelang mit seinen Mitstreitern vor den berüchtigten Abtreibungsstätten gebetet und beraten. Seine maßgebliche Inspiration verbreitete sich weltweit: Die Abtreibungsstätten sind das Golgotha der Jetztzeit, Und wie damals, vor 2000 Jahren, Maria und Johannes unter dem Kreuz Christi standen, um dem Gekreuzigten ihre Liebe zu erweisen, so stehen die Gehsteigberater und Beter von Monsignores Bewegung seit Jahrzehnten vor den Abtreibungsstätten, um den gemarterten, getöteten Kindern ihre Liebe zu schenken und für all diejenigen zu beten, die an der Abtreibung beteiligt sind – denn sie wissen nicht, was sie tun (s. Lukasevangelium 23,34). Sie, die Prolifer, leben das Evangelium. Denn sie bringen – gemäß dem Wort aus dem Prolog des Evangelisten Johannes – das Licht in die Finsternis.

Lila Rose ist die Gründerin von Live Action. Mit 15 startete sie die Initiative. Mit 18 drehte sie ihr erstes Undercover-Video in einer Abtreibungsfiliale des US-Abtreibungsriesen Planned Parenthood (deutscher Ableger: pro familia). Seitdem folgte Video auf Video und Audiotape auf Audiotape. Und jede Aufzeichnung dokumentiert den alltäglichen Horror: Planned Parenthood lügt und betrügt. Zum Beispiel: Es deckt den Mißbrauch an 13jährigen Teenagern, es deckt die Vergewaltiger und Zuhälter von jungen Mädchen, es steht brutal auf der Seite der Täter, wenn nur weiterhin das blutige Geld fließt.

Da Planned Parenthood aufgrund der investigativen Dokumentationen von Live Action seine finanziellen Felle fortschwimmen sah, drohte der Abtreiberkonzern, gerichtlich gegen Lila vorzugehen. In den Abtreibungsfilialen von Planned Parenthood hing ihr Bild  - sie war Wanted, Angestellte wurden vor ihr gewarnt, die Panik vor dem nächsten Undercover-Bericht grassierte. Denn Lila Rose machte sichtbar und hörbar, was hinter verschlossenen Türen passiert: Wie mit kriminellen Machenschaften Mädchen und Frauen rücksichtslos von der Abtreibungsindustrie ausgebeutet werden. Und das Ganze läuft unter dem heuchlerischen Label: Gesundheitsfürsorge.  

Und schließlich David Daleiden.

Als junger Mann in den Zwanzigern beschließt er mit seinem Team, den Abtreibungsgiganten Planned Parenthood und dessen inhumane Praktiken aufzudecken. Zu diesem Zweck lassen sich die mutigen jungen Leute professionell ausbilden, gründen eine Biotech-Scheinfirma, lernen die Terminologie und das Gehabe, welches in der Abtreibungsgegenwelt Usus ist, um schließlich 30 Monate lang ihr Human-Capital-Project, welches im Enthüllungsjournalismus einzig dasteht, zielstrebig zu verfolgen. Das Ergebnis kann sich wortwörtlich sehen lassen: Videos, die einen den Atem anhalten lassen.

Alle bislang veröffentlichten Videos sind horrend. Spitzenleute des Abtreibungskonzerns geben den Undercover-Ermittlern, die sie für interessierte Käufer von fetalem Gewebe halten, bereitwilligst Auskunft über ihr mörderisches und finanziell lukratives Geschäft. Nicht nur, daß sie Kinder bis zur Geburt abtreiben, sondern auch, daß sie gezielt mit abgetriebenen Kindern und deren Organen illegalen Handel treiben.

Die Abtreibungsprozeduren richten sich nach Angebot und Nachfrage. Werden frische Lungen oder frische Leber benötigt? Kein Problem. Der Abtreiber wird dafür sorgen, daß der potentielle Käufer die Ware erhält. Originalton: »Wir haben's sehr gut hingekriegt, Herz, Leber und Lunge zu bekommen, denn wir wissen: Ich werde diesen Teil nicht kaputt machen, also werde ich hauptsächlich unten zudrücken und oberhalb zudrücken, und werd' schauen, daß ich alles intakt rausbekomme« (Zitat aus dem 1. veröffentlichten Video. S. dazu die Homepage des Center for Medical Progress: http://www.centerformedicalprogress.org/cmp/investigative-footage/).

Im siebten Video berichtet Holly O'Donnell, ehemalige Angestellte von StemExpress – einer Zulieferfirma, die Körperteile abgetriebener Planned-Parenthood-Babies an Universitäten und andere Stellen weiterverkauft – über die grauenvolle Gewinnung eines intakten Baby-Gehirns aufgrund der Spätabtreibung eines ungeborenen männlichen Kindes, dessen Herz nach der Abtreibung noch schlägt. Eine Supervisorin fragt O'Donnell: »Wollen Sie mal was Cooles sehen?« Darauf schlägt die Supervisorin auf das Herz des spätabgetriebenen Babies, welches zu schlagen beginnt.

»Noch ein Junge«, sagt plötzlich ein medizinischer Assistent im vierten Schockvideo der veröffentlichten Serie, in dem Mitarbeiter zu sehen sind, wie sie abgetriebene Baby-Körperteile in einer Schale sortieren: ein Herz, eine Niere, Füße. Und dann der Ausruf: »Noch ein Junge!«

Nach über einem Dutzend veröffentlichter Videos kommt der Abtreibungskoloß ans Zittern. Das öffentliche Image bekommt Risse. Daß die Abtreibung ein big business ist, liegt offen zutage. Aus dem Firmennamen Planned Parenthood hat das findige Internet den neuen Namen abgeleitet: Planned Profithood. Und seit die Lawine größer und größer wird, versucht die Abtreibungsindustrie, dem Hauptermittler, David Daleiden, das journalistische Handwerk zu legen, indem sie ihm multiple Strafanzeigen an den Hals hängt, die den couragierten Ermittler finanziell und existentiell ruinieren sowie mundtot machen sollen.

Denn eben das fürchten die Abtreiber am meisten: Daß man sieht, klipp und klar sieht, was die Geschäftemacher der Abtreibungsindustrie tatsächlich tun und was Abtreibung tatsächlich ist. Wenn die Masken fallen und das Mimikry entlarvt ist.

Monsignore (wie ihn seine Freunde liebevoll nennen), Lila, David und so vielen bekannten und unbekannten pro life Helden von Heute gilt unser Dank – congratulations!

Grafik: Photo by Henley Design Studio. Unsplash.com

Samstag, 18. Juni 2022

Das Kreuz III

Ein berühmter, bereits verstorbener polnischer Filmregisseur sagte anläßlich seiner akklamierten Filmtrilogie in einem Interview, er habe keine Antworten.

Das ist dürftig. Und es ist unwahr. Denn die sogenannte Antwortlosigkeit ist auch eine Antwort, halt eine dürftige.

Doch im modernen Feuilleton ist diese Antwort gern gesehen. Man attestiert ihr bereitwillig die Aura des Aufklärerischen, des Abgeklärten, des Existentialistischen, während sie tatsächlich bodenlos relativistisch ist.
 
Und der Relativismus zeigt sich. Im ersten Film der Trilogie sieht dies derart aus: Die Hauptdarstellerin – soeben durch einen Autounfall, bei dem ihr Mann und ihre Tochter ums Leben gekommen sind, Witwe geworden – streift durchs Leben. Mit einem der Mitarbeiter ihres verstorbenen Mannes verbringt sie eine Nacht, um ihn anschließend vor die Tür zu setzen.

Mit einer jungen Frau, die in ihrem Miethaus unter ihr wohnt, kommt sie in näheren Kontakt, es entwickelt sich eine Art Freundschaft. Besagte junge Frau ist Nutte und findet das gut so.

Der verstorbene Komponist, so entdeckt seine Witwe post mortem, hat seine Frau seit Jahren mit einer Juristin betrogen. Die Witwe will die fremde Frau, die ein Kind von dem Komponisten erwartet, kennenlernen. Am Ende des Kontaktes vermacht die Witwe ihr großbürgerliches Domizil der Juristin und dem noch ungeborenen Kind. Warum? Ihr Mann habe schließlich diese Frau geliebt.

Tja, Liebe ist offensichtlich alles. Der Slogan kommt einem bekannt vor. Dazu paßt dann auch noch, daß der Komponist vor seinem Tod an einem großen Werk mit Chor arbeitete, dessen Textgrundlage… na was wohl? … das Hohelied der Liebe des Apostels Paulus ist. In Griechisch!

Doch auch dieses bombastische musikalische Zitat ändert nichts an der relativistischen Struktur des Films. Die Frage ist, woher dieser Relativismus des polnischen Regisseurs, der die religiösen Quellen seiner Heimat durchaus kennt.

Und da sind wir bei der echten Antwort angekommen. Auch sie zeigt sich, denn die Wahrheit zeigt sich.

Etwa in der Mitte des Films kommt es zu einer weiteren Begegnung der Hauptdarstellerin, diesmal mit einem jungen Burschen. Man trifft sich in einem Café. Antoine, so der Name des Burschen, hat diese Begegnung gesucht, denn er war damals Zeuge des Unfalls. Und an der Unfallstätte fand er eine Halskette samt Kreuz. Diese Halskette will er der Witwe zurückgeben, denn schließlich gehört sie ihr.

Und was passiert? Die Witwe nimmt Kette und Kreuz nicht an, sie läßt sie Antoine und verläßt das Lokal.

Klarer könnte die Antwort nicht sein. Wer das Kreuz, welches absolut ist, zurückweist, der endet im Relativismus. Darüber täuschen weder träumerische Großaufnahmen noch betörende Filmmusiken noch cineastische Preise hinweg. Die Leere breitet sich aus. Die emphatisch beschworene Liebe ist letztlich eine schale, nichtssagende Vokabel unter anderen.

Zu den letzten Bildern des Films gehört in einem Reigen verstörender Momentaufnahmen auch der Blick auf den jungen Burschen, der weiterhin das Kreuz in Händen hält. Man kann nur hoffen, daß Antoine, als Zeuge im wahren Wortsinn, die Zukunft lebt, die der Regisseur ein und eine halbe Stunde lang verbarrikadiert.

Grafik: Photo by Sophia Sideri, unsplash.com

Samstag, 11. Juni 2022

Die Wahrnehmung

                »Nur wer ein Auge dafür hat, sieht etwas Schönes und Gutes, in jedem Wetter, er findet Schnee, brennende Sonne, Sturm und ruhiges Wetter schön,
hat alle Jahreszeiten gern und ist im Grunde damit zufrieden,
daß die Dinge so sind, wie sie sind.«
         

Vincent van Gogh


Grafik: Van Gogh, Sternennacht. wikicommons

Samstag, 4. Juni 2022

Die sogenannten Experten und der gesunde Menschenverstand

Nennen wir ihn Heinz.

Es war Sommer. Wir saßen im Innenhof des Miethauses, neben einem kleinen Garten. Vier Freunde. Heinz war zu Besuch gekommen. Heinz, der als Cellist in einem Orchester und in einem Quartett spielte, und dies seit Jahren.

Und wie selbstverständlich war das Gespräch auf Musik gekommen. Auf Mozart und Schumann und Messiaen. Und wir vier waren der gleichen Ansicht: Die postmoderne Musik konnte mit diesen Komponisten nicht mithalten. Wir sagten ohne Umschweife, daß diese neue Musik, die sich als Nachfolgerin der klassischen verstand, seit Jahrzehnten in eine Sackgasse geraten sei, zumal durch ihre elektronischen Experimente und Verstümmelungen.

Heinz verteidigte die modernen Versuche, und man merkte, daß er zunehmend die Fassung verlor.

Irgendwann stand er erbost auf. Er rannte aus dem Innenhof und hinein in das ebenerdige Zimmer, wo er seine Siebensachen abgestellt hatte. Dieses Zimmer ging hinaus zum Garten, sein Fenster stand offen. Es dauerte nicht lange, bis wir verstanden.

Heinz, der imstande gewesen wäre, aus dem Stegreif die Solopartie eines berühmten Cellokonzertes zu spielen, wollte uns eine Kostprobe dessen geben, was er leidenschaftlich verteidigte. Er hatte offensichtlich wutentbrannt sein Cello aus dem Kasten genommen und gab uns jetzt die Probe aufs Exempel. 

Aus dem geöffneten Fenster klangen die neuen Töne. Aber das Erschreckende war, daß nicht eigentlich Töne erklangen, sondern gequältes, qietschendes, die Ohren verletzendes Gekratze. Keine Harmonien. Keine Melodie. Stattdessen Zerstörung jedes musikalischen Gefüges.

Wir verstummten. Was wir vernahmen, bestätigte in einer Weise, die uns zuinnerst traf, das, was wir zuvor gesagt hatten. Wir verstanden, daß wir die Diskussion beenden sollten, denn was hätten wir, die wir die späten Beethovenquartette liebten, diesem Gekrächze gegenüber sagen sollen?

Und ich habe seitdem auch dies verstanden: Es gibt den gesunden Menschenverstand, der sich vor den Meinungen der sogenannten Experten nicht zu fürchten und nicht einzuschüchtern lassen braucht. Wer sich eingeübt hat in die Maßstäbe großer Kunst, bildet irgendwann den inneren Kompaß aus. Denn Mozart ist ein Kompaß. Beethoven ist ein Kompaß. Sie zerstören nicht, sondern bauen auf. Sie bergen und bringen den schönen Glanz der Wahrheit. Sie sind wahrhaft tröstlich. 

In den Worten eines großen Malers: »Kunst ist es, diejenigen zu trösten, die vom Leben gebrochen werden« (van Gogh).