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Sonntag, 27. Oktober 2019
Donnerstag, 18. Januar 2018
Die kleine Thérèse
Ihr holden Schwäne,
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.
So heißt es in einem der berühmten Gedichte Hölderlins. Und so mancher mag sich fragen, was denn das nun ist, dieses neue Adjektiv: heilignüchtern?
Hölderlin, in seinen jungen Jahren noch für die kirchliche Laufbahn bestimmt, kannte naturgemäß die Heilige Schrift. Und eben dort wird das Heilignüchterne als tägliche Ration dem Nachfolgenden gereicht.
So lobt etwa der heilige Petrus die ihm anvertrauten Gläubigen, die »in unsagbarer, von himmlischer Herrlichkeit verklärter Freude jubeln« (1 Petr 1,8). Derselbe Petrus mahnt aber in derselben Epistel zugleich: »Seid nüchtern und wachsam! Euer Widersacher, der Teufel, geht wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlingen kann« (5,8).
Für die geistlichen Autoren ist dies die conditio humana des Christen in der Welt: Er jubelt, und er ist nüchtern. Er jubelt, weil er kraft der Gnade Christ ist und also in Christo einverleibt und zur Heiligkeit berufen ist; er ist nüchtern, weil er weiß, daß diese Welt das Terrain des Fürsten dieser Welt ist (vgl. Joh 16,11).
Daß diese heilignüchterne Haltung kein Konsumartikel ist, den man sich irgendwann erwirbt und wohlfeil ad acta legt, sondern täglich zu wahrendes höchstes Gut, kann man unter anderem an den Biographien der Heiligen ablesen. Sie kämpfen um dieses Gut, und kämpfend bleiben sie Sieger.
Etwa die heilige Theresia vom Kinde Jesu und vom Heiligen Antlitz, bekannter unter dem Namen die kleine Thérèse. An einer Episode ihres Lebens erhellt gleichsam wie unter einem grellen Blitz, was mit diesem Kampf, der bis zuletzt geht, gemeint ist.
Zwei Jahre vor ihrem Tod macht ein Gerücht die Runde unter den Katholiken Frankreichs. Eine ehemalige Freimaurerin, eingeweiht in die dunkelsten okkulten Praktiken, konvertiert und berichtet einer staunenden Öffentlichkeit über ihre schrecklichen Erfahrungen. Jeanne d’Arc, die französische Nationalheilige, so die Neubekehrte, sei maßgeblich gewesen für ihre Konversion. Ihre jetzige Mission sei es, die Schandtaten der geheimen Zirkel aufzudecken, um sich anschließend in ein Kloster zurückzuziehen.
Die sensationellen Enthüllungen der Diana Vaughan, so der Name der Konvertitin, durchdringen selbst die Klostermauern des Karmels von Lisieux, wo die kleine Thérèse seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr als Nonne weilt. Und Thérèse ist, wie manche ihrer Mitschwestern, begeistert von den Enthüllungen, derart, daß sie der Konvertitin einen Brief schreibt, dem sie eine Photographie beilegt: Thérèse in einem der im Karmel aufgeführten geistlichen Theaterstücke und zwar in der Rolle der Jeanne d’Arc. Und was wäre, wenn Diana vielleicht eines Tages in den Karmel von Lisieux einträte?
Arme Thérèse!
1897, in ihrem Todesjahr, platzt die Bombe. Es ist der Ostermontagabend. In Paris findet eine lang erwartete Pressekonferenz statt, auf der die bislang im Verborgenen wirkende mysteriöse Diana Vaughan sich öffentlich zeigen und reden will, die bis dahin, so ihre Argumentation, sich habe verstecken müssen, weil sie die Freimaurer verraten habe und deswegen um ihr Leben fürchte.
Mehr als vierhundert Journalisten sind anwesend. Und oh Wunder: Auf dem Podium erscheint keine junge Frau, sondern ein kleiner, dickbäuchiger Mann, der sich als Leo Taxil ausgibt. Eine Diana Vaughan hat es nie gegeben, die ganze Geschichte ist erstunken und erlogen. Monsieur Taxil hat seit Jahren die gutgläubigen Katholiken, darunter auch hochrangige Prälaten, zum Narren gehalten.
Und während der schamlose, höhnische Betrüger sich die Fäustchen vor diabolischem Vergnügen reibt, ist hinter ihm, an die Wand projiziert, eine Photographie zu sehen, die seinen Vortrag, zu dem es nicht mehr kommt, illustrieren sollte: Die Photographie der Jeanne d’Arc alias Thérèse im Gewand der französichen Nationalheiligen.
Als die Nonne im Karmel von Lisieux von der Pressekonferenz und dem verwendeten Dia erfährt, zerreißt sie den Brief, den sie einst von der angeblichen Konvertitin empfangen hatte, und wirft ihn in den Abfall. Sie, die vor nicht allzu langer Zeit den Triumph der Demut geschrieben hat, erfährt schneidend eine grausame, unverhoffte Demütigung. Und es ist anzunehmen, daß Thérèse, genau in dieser bitteren Lektion, in letzter oder vorletzterTiefe gelernt hat, was mit der Nüchternheit gemeint ist, die jubelt und dennoch nüchtern bleibt.
Diese Nüchternheit, die zu guter Letzt im Namen der Heiligen von Lisieux eingebettet ist, den sie sich selbst gegeben hat und der am Ende ihres Lebens, in der sieghaften Annahme der Demütigungen, heilignüchtern aufstrahlt: die kleine Thérèse.
Grafik:
Thérèse in ihrer Rolle als Jeanne d’Arc. Wikimedia Commons/gemeinfrei.
Freitag, 7. Juli 2017
MitArbeiter
Ist es nicht widersprüchlich, so der Gedanke, was die Heilige Schrift einem bisweilen zumutet?
Da heißt es in der berühmten Bergpredigt: Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet (Mt 7,7).
In der Offenbarung des Johannes jedoch sagt Jesus: Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten (3,20).
Vielleicht sagt nun ein mancher unwillig: Also was nun? Wer klopft? Klopft Jesus oder bin ich es, der da klopfen soll?
Der scheinbare Widersinn löst sich auf, wenn man das dritte Herrenwort, diesmal aus dem Johannesevangelium dazunimmt. Dort sagt Jesus im 15. Kapitel, Vers 5 wörtlich zu Seinen Jüngern: Getrennt von Mir könnt ihr nichts tun.
Diese Aussage Jesu ist offensichtlich ein Schlag in das Gesicht jeder menschlichen Überhebung. Die Einheitsübersetzung setzt an die Stelle des Verbs tun das Verb vollenden, was freilich ungenügend ist. Denn tatsächlich ist im Griechischen vom Tun die Rede und nicht von einem Vollenden. Letzteres würde dem Menschen die stolze Initiative überlassen, und der Herr könnte am Ende die vollendende Patina über unser Werk gießen.
Doch es ist anders. Wir sollen das Wirkliche lernen: Daß wir nichts ohne IHN vermögen.
Und das heißt dann in unserem Zusammenhang: Noch das Anklopfen muß uns beigebracht werden, denn noch nicht einmal das beherrschen wir. Und darum geht Jesus in Seiner unendlichen Entäußerung auch diesbezüglich selbst voran und ist der Erste, der anklopft. Wenn wir Sein Tun beherzigen, dann vermögen wir das Zweite: Selbst anzuklopfen, in der rechten Weise zu bitten.
Anders gesagt, mit einem weiteren Wort des hl. Apostels und Evangelisten Johannes, aus dessen drittem Brief. Unsere Aufgabe ist die der Mit-Arbeiterschaft. Wir sollen Mitarbeiter Gottes sein, wir sollen Mitarbeiter der Wahrheit werden: cooperatores veritatis (3 Joh 8). Wir sind nicht die Urheber, nicht die Copyrightinhaber. Wir sind lediglich die Verwalter, die Angestellten, die Mitarbeiter.
Der Stolze wird sich über diese Anordnung grämen oder hinwegsetzen. Doch wer vernünftig darüber nachdenkt, der wird ausrufen: Deo gratias! Gott sei Dank ist die Ordnung so, denn er weiß, daß er heillos überfordert wäre, wenn man ihm die Urheberschaft aufbürden würde. Und er ist überglücklich, daß er dennoch mitarbeiten darf.
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