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Samstag, 21. Mai 2022

Die Freude

In der Freude will jeder sein. Depression ist keine Wunschvorstellung. Nur: Wie kommt man zur Freude?

Im Johannesevangelium spricht Jesus nicht nur von der Freude, sondern von der vollkommenen Freude. Und diese vollkommene Freude – man höre und staune - ist dem Menschen zugedacht. Es heißt in Joh 15, 9-11:

»In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe. Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch sei und damit eure Freude vollkommen werde.«

Vollkommene Freude – das will man. Aber vielleicht haben wir das Wesentliche überhört. Denn bevor Jesus von der vollkommenen Freude für uns spricht, erwähnt er ausdrücklich Seine Freude: Seine Freude soll in uns sein.

Die Abfolge ist klar. Derjenige, der Jesus nachfolgen will, muß in Jesu Liebe bleiben. Das ist grundlegend. Der Prüfstein, ob dieses Bleiben tatsächlich verwirklicht wird, ist das Einhalten der Gebote. Das Befolgen der Gebote zeigt nämlich, daß man nicht nur schöne Worte im Mund führt, sondern sich wirklich um ein christliches, gottwohlgefälliges Leben bemüht. Der Kompaß der Überprüfung ist dabei stets derselbe: Jesus. An Ihm ist ablesbar, was zu lieben heißt und was zu gehorchen heißt.

Was aber meint Jesus genau, wenn Er von Seiner Freude spricht? Worin besteht Jesu Freude?

Das ganze Johannesevangelium (wie im übrigen auch die anderen Evangelien) geben darauf eine unmißverständliche Antwort. Die Freude Jesu ist die, ganz im Willen des Vaters geborgen zu sein. Ganz Sohn zu sein. In den Worten von Joh 4,34: »Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat.«. Mit anderen Worten: Die Freude Jesu besteht in der unverbrüchlichen Liebesgemeinschaft mit dem Vater. Diese Gemeinschaft der Liebe ist Alles: Ursprung, Leben, Licht, Fülle, Rast, Labsal, seliges Glück, unendlicher Austausch.

In diesen strömenden Austausch der Liebe lädt uns Jesus ein. Denn die Liebe will mitteilen und schenken. Wenn wir bereit sind, uns hineinnehmen zu lassen in die Teilnahme, dann wachsen wir hinein in das Versprochene: In die vollkommene Freude.

Die Freude ist folglich das Zweite.

Wir neigen wohl alle zu dem Fehler, krampfhaft die Freude zu suchen. Aber die Freude findet man so nicht. Denn der erste, entscheidende Schritt ist nicht zu überspringen: Unser Ja dazu, Jesu Freude aufzunehmen. Nicht unsere Vorstellungen von Freude durchzusetzen, sondern einverstanden zu sein, Seine Freude zu bejahen.

Dann, erst dann, werden wir wahrhaft Frohe. Dann, erst dann, verstehen wir nämlich, daß, wie Paulus es nennt, »denjenigen, die Gott lieben, alles zum Guten gereicht« (Röm 8,28).

Unser Irrtum ist, daß wir, da wir unsere weltlichen Konzepte von Freude für die gültigen halten, die Freude ausschließlich an wohlige Ereignisse binden. Wenn wir von Heiligen lesen, die in Schmerz oder Krankheit nicht verzweifelten, sondern eine tiefe Freude erfuhren, kommt uns dies, gelinde gesagt, verwegen vor. Wir lesen es und wehren das Gelesene zugleich ab, indem wir entgegnen: Das sind halt Heilige. Damit halten wir uns die Heiligen vom Leib, obgleich wir wissen, daß Jesus uns selbst zu dieser Heiligkeit beruft (»Seid also vollkommen, wie auch euer Vater im Himmel vollkommen ist.« Mt 5,48).

Was machen die Heiligen anders als wir?

Sie haben sich, ohne jeden Vorbehalt, die Freude Jesu schenken lassen. Damit sind sie Mitbürger des Himmels geworden. Sohn im Sohn. Der Vater, den wir im Vater Unser bekennen, ist tatsächlich ihr Vater geworden. Sie wissen, daß dieser Vater allmächtige, unwandelbare, unfaßbare Liebe ist. Und da dem so ist, zweifeln sie nicht länger. Die Liebe des Vaters ist Liebe. Immer. Daher die reine Dankbarkeit des Heiligen: »Die Liebe zu Gott ist rein, wenn Freude und Leid die gleiche Dankbarkeit einflößen« (Simone Weil).

Gleich was geschieht, der Heilige weiß, daß Alles aus der liebenden Hand des Vaters zu ihm kommt. Er ist gelassen. Wie es im Prinzip und Fundament der Exerzitien des heiligen Ignatius von Loyola heißt: »Auf diese Weise sollen wir von unserer Seite Gesundheit nicht mehr verlangen als Krankheit, Reichtum nicht mehr als Armut, Ehre nicht mehr als Schmach, langes Leben nicht mehr als kurzes, und folgerichtig so in allen übrigen Dingen.« 

Der Heilige bleibt in der befreienden Indifferenz. Er murrt nicht, wenn er krank ist. Wozu auch? Noch die Krankheit ist ein Liebesbeweis Gottes. Das mag sich verrückt anhören. Und es ist auch verrückt. Denn die Liebe, von der wir hier sprechen, ist verrückt, was so viel meint wie, daß sie nicht mit menschlichen, kleinlichen Maßstäben zu messen ist.

Irgendwann werden es auch die Anderen wahrnehmen. Wieso gibt es da jemanden, der sich freut? Nicht nur an Sonnentagen, sondern auch, wenn die Wolken die Sonne verdecken? Manche werden über diese Freude, die, da sie eine geistliche Freude ist und also Geschenk des Heiligen Geistes und also nicht von dieser Welt, staunen. Andere werden, aus Neid und der dämmernden bitteren Erkenntnis, daß ihr Leben ein verfehltes ist, diese selbstverständliche Freude des Heiligen zu schmähen suchen.

Der Heilige selbst kann Stunden erleben, da er in der Versuchung ist, die Quelle der Freude sich trüben zu lassen. Celano, der frühe Biograph des heiligen Franziskus, bemerkt:

»Daher trachtete der Heilige danach, stets im Jubel des Herzens zu verharren, die Salbung des Geistes und das Öl der Freude zu bewahren (vgl. Ps 45,8). Die Krankheit des Überdrusses suchte er als die schlimmste mit der größten Sorgfalt zu vermeiden. Sobald er merkte, daß sie auch nur ein wenig in seinem Geist Eingang gefunden hat, eilte er schnell zum Gebet. Er pflegte nämlich zu sagen: Der Knecht Gottes, der, wie es vorkommen kann, aus irgendeinem Grund verwirrt ist, muß sich sofort zum Gebet erheben und so lange vor dem höchsten Vater verharren, bis er ihm die Freude seines Heiles wiedergibt (vgl. Ps 51,14).«

Vor dem höchsten Vater: Denn eben dort empfängt der Heilige stets neu seine Sicherheit des herrlichen Geliebtseins.

Ein Letztes. Wer wirklich in der geistlichen Freude ist, ist unbesiegbar. Nicht, weil er aus Eigenem so stark und mächtig wäre, sondern weil er, um die eigene katastrophale Schwäche wissend, sich in den Schutzschild des Vaters flüchtet, um dort, in dessen unbesiegbarer Liebe, geborgen zu sein. Der Teufel, der kommt um zu stehlen und zu morden und zu verderben (s. Joh 10,10), beißt sich an dem wahren Frohen die Zähne aus.

Grafik: praedica.de

Samstag, 12. Dezember 2020

Gaudete


Woran denkt, wer den Namen Johannes des Täufers vernimmt?

Vermutlich an einen asketischen, hageren Mann, der seine Zuhörer mit strengsten Worten harsch zurechtweist. Ein Mann, der - wie der Evangelist Matthäus festhält - ein Gewand aus Kamelhaaren trägt und sich von Heuschrecken und wildem Honig ernährt. Ein Mann der Buße und Unerbittlichkeit (s. Mt 3,1ff).

Woran wahrscheinlich die Wenigsten denken, ist, daß eben dieser asketische Mann ein Zeuge der Freude ist. Ja, der Freude.

Das beginnt bereits sehr früh. Schon zu dem Zeitpunkt, als seinem Vater durch einen Engel des Herrn die Geburt dieses Sohnes angekündigt wird, heißt es aus dem Munde des Engels: »Du wirst dich freuen und jubeln und viele werden sich über seine Geburt freuen« (Lk 1,14)

Und so geht es weiter. Als der kleine Johannes als ungeborenes Kind noch im Schoß seiner Mutter Elisabeth ruht, berichtet Lukas über den Besuch der Muttergottes bei Elisabeth. Und da ruft die Mutter des zukünftigen Zeugen aus: »Siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib« (Lk 1,44).

Und wieder später – Johannes ist bereits der große Verkündiger, der auf Jesus, das Lamm Gottes, hinweist – steht geschrieben, diesmal aus dem Munde des Täufers selbst: »Wer die Braut hat, ist der Bräutigam; der Freund des Bräutigams aber, der dabeisteht und ihn hört, ist voller Freude über die Stimme des Bräutigams. Diese Freude hat sich nun bei mir vollendet« (Joh 3,29).

Wie könnte es auch anders sein? Derjenige, der verzichtet auf die Vergeudungen des Vergänglichen und sich sammelt auf das einzig Notwendige hin, der geht nicht leer aus, wie das Vorurteil vermeint, sondern wird ganz im Gegenteil erfüllt mit den Gaben, die bleiben - den Gaben von oben. Und eine dieser grandiosen Gaben ist die Freude.

Wer also nach einem Fürsprecher der Freude sucht, der sollte zu Johannes dem Täufer gehen.

Grafik: wikicommons
       

Freitag, 11. Januar 2019

Die Freude


An Weihnachten verkündet der Engel den Hirten die Freude, und zwar die große Freude: Der Engel sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude (Lk 2, 10).

Als die drei Weisen aus dem Morgenland, geführt vom Stern, in Bethlehem ankommen, da heißt es in der Heiligen Schrift, daß sie von sehr großer Freude erfüllt wurden (Mt 2,10).

Am Beginn des Neuen Testaments steht damit die Freude. Aber wie kommt man zu dieser Freude, die schließlich das gesamte Neue Testament zur Frohen Botschaft macht?

Zwei Grundvoraussetzungen für die Freude sollten wir beherzigen. Die erste lautet: Ohne die Liebe gibt es keine Freude!

Ein Beispiel: Jemand schenkt einer Hausfrau ein Kochbuch. Wenn diese Hausfrau eine Abscheu vor dem Kochen hat, dann ist dieses Geschenk eine Fehlinvestition. Liebt sie es allerdings zu kochen und mag sie es, ihren Mann und ihre Kinder zu bekochen, dann wird sie sich über dieses Geschenk freuen.

Die zweite Grundvoraussetzung für die Freude lautet: Daß ich die geliebte Sache auch besitze und damit genießen kann!

Um bei der Hausfrau zu bleiben: Was habe ich davon, gerne zu kochen, aber mir fehlen permanent die Zutaten, um gute Gerichte zu kochen?

Wer sich also freuen will, sollte dies gut bedenken: Liebe ich? Und werde ich auch besitzen, was ich liebe, oder zumindest irgendwann in den Besitz des Geliebten gelangen?

Die heiligen Drei Könige lieben, in der Tat, denn ihre Sehnsucht nach der Wahrheit ist bereits Liebe, Liebe, die sich ausstreckt, die sich sehnt und die schließlich aufbricht, als der autoritative Stern dieser Sehnsucht den Weg weist.

Wer diese liebevolle Sehnsucht der drei morgenländischen Weisen sehen will, der sollte sich mal das berühmte spätantike Mosaik in Ravenna anschauen, welches in der vorwärtsdrängenden Bewegung der drei Pilger eben die Dynamik der Liebe wunderbar in Stein faßt.

Und die drei Magier finden auch und besitzen. Zunächst haben sie freilich den weiten Weg zu absolvieren. Doch man darf getrost sein, daß sie während ihrer Pilgerreise von der Gewißheit gehalten wurden, einmal zu besitzen, beziehungsweise zumindest von der Vor-Freude bewegt wurden, einmal in den Besitz des Ersehnten zu gelangen.

Und tatsächlich besitzen sie zu guter Letzt, denn sie kommen an. Und jetzt werden sie erfüllt von der Freude, von der großen Freude.

 Grafik:  Sant’Apollinare Nuovo, Ravenna. wiki commons