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Freitag, 15. November 2019

Verbergt nicht


»Verbergt nicht Eure Feigheit unter dem Mantel der Klugheit.«

Aus dem III. Flugblatt der Weißen Rose



Grafik: Mahnmal Weiße Rose, München, wikicommons, by Adam Jones, Ph.D.

Freitag, 13. Juli 2018

Der Elefant im Raum


Ein überaus wißbegieriger und neugieriger Mann geht ins Museum. Er notiert und notiert, was ihm so alles auffällt. All die putzigen, niedlichen Dinge, die ihm gefallen. Daraufhin verläßt der Mann das Museum. Eines hat unser wißbegieriger Mann freilich nicht aufgeschrieben, es ist ihm glattwegs entgangen – daß im Museum ein Elefant war.

Die Geschichte geht zurück auf den russischen Dichter Krylov, der in einer seiner Fabeln diesen Mann schildert. Seitdem ist der »Elefant im Raum«, zumal in den angelsächsischen Ländern, sprichwörtlich geworden.

Jetzt hat eine berühmte Kanadierin eben dieses geflügelte Wort in einer höchst außergewöhnlichen Situation in den Mund genommen.

Die Rede ist von der 44jährigen Mary Wagner. International bekannt wurde Wagner durch die von ihr initiierten und mittlerweile von anderen aufgegriffenen sogenannten red-roses-Aktionen. Was das ist?

Wagner geht in Abtreibungsstätten und verteilt dort an Frauen, die im Wartezimmer auf die Abtreibung warten, rote Rosen und bittet die Frauen, ja zu ihrem Kind zu sagen und gemeinsam mit ihr den Tötungsort zu verlassen.

Dann geschieht stets das Gleiche. Mary Wagner wird von herbeigerufenen Polizisten abtransportiert und vor Gericht gestellt. Inzwischen hat Mary Wagner etliche Gefängnisstrafen abgesessen.

In ihrem letzten Prozeß, in diesem Monat Juli, wurde nun Wagner erneut zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Den zuständigen Richter bat sie vor der Urteilsverkündigung, nachzudenken über »den anderen Elefanten im Raum – jenes kleine, ungeborene Kind, welches laut kanadischem Recht kein menschliches Wesen ist.«

Tja, wie kommt es, daß das Alleroffensichtlichste nicht wahrgenommen wird?

Wenn man in Österreich bleibt: Wie kommt es, daß, wiewohl Abtreibung seit Jahrzehnten praktiziert wird und also Tausende und Abertausende von Österreicherinnen und Österreichern betroffen sind, das Thema »Abtreibung« weiterhin der Elefant im Raum ist?

Die eine Antwort lautet: Weil man das Schreckliche nicht wahrhaben will. Es ist wie bei kleinen Kindern. Diese machen in ihren Spielen die Augen zu, verdecken das Gesicht mit den Händen und wähnen, nicht mehr dazusein, unsichtbar zu sein.

Die Erwachsenen wählen die Tarnkappe des Verschweigens, im Wahn, der Horror sei damit verschwunden. Aber nichts ist verschwunden. Auch der Schmerz der Abtreibung verschwindet nicht dadurch, daß man das Verschwinden wünscht. Und auch Sünden – und Abtreibung ist schwere Sünde – lösen sich nicht in Luft auf, dadurch daß man sie verdrängt. Der Elefant ist weiterhin da. Die Wahrheit ist weiterhin da.

Und nicht nur das. Der Elefant, den man nicht wahrnehmen will, wird nicht kleiner, sondern größer. Und irgendwann wird er zu trampeln beginnen. In der Seele von Einzelnen wie in gesellschaftlichen Organismen. Das wird dann keinesfalls museal oder gar gemütlich sein. Und man kann nur hoffen, daß es dann Lebensretter gibt, die zur Stelle sind.

Grafik:    https://unsplash.com/photos/VZILDYoqn_U/Photo by Caleb Woods on Unsplash

Donnerstag, 3. November 2016

Widerstand IV – Wir

Welches sehr einfache Mittel ist uns gegeben, für die Kultur des Lebens zu kämpfen?

Die Antwort lautet: Das Ave Maria.

Wie ist das zu verstehen?

Dazu muß man einen Blick in die theologische Überlieferung werfen. Danach ist der Sündenfall im Paradies nicht die erste, sondern die zweite Katastrophe. Das theologische Nachdenken über das Geschehen im Paradies und das Versagen von Adam und Eva führt zu der schlüssigen Annahme, daß bereits vor dem Sündenfall eine Abfallbewegung im himmlischen Bereich stattfand.

Wie das?

Tatsache ist, daß Gott zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Weltgeschichte Mensch wird, so wie wir es im großen Glaubensbekenntnis bekennen: … hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden. Diesen göttlichen Entschluß – so nun die theologische Überlegung – hat Gott vor unvordenklichen Zeiten den Bewohnern des himmlischen Äons mitgeteilt. Und genau da geschieht die erste Katastrophe.

Luzifer und sein Anhang gehen in den Protest. Sie sagen nein. Nein zum Plan Gottes. Nein zur Menschwerdung der zweiten göttlichen Person, nein zur Fleischwerdung Jesu Christi. Denn zum Plan dieser Menschwerdung gehört zugleich ein junges jüdisches Mädchen namens Maria. Und das bedeutet in Folge, daß Luzifer, der hochstehende Engel, vor diesem jungen Mädchen als der designierten Königin der Engel das Knie zu beugen hat.

Der Stolz als die kapitale Sünde des Menschen ist präfiguriert in der Revolte Luzifers und seiner Abtrünnigen. Wir wissen aus dem letzten Buch der Heiligen Schrift, wie diese luziferische Revolte endete: »Da entbrannte im Himmel ein Kampf; Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen. Der Drache und seine Engel kämpften, aber sie konnten sich nicht halten, und sie verloren ihren Platz im Himmel. Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt; der Drache wurde auf die Erde gestürzt, und mit ihm wurden seine Engel hinabgeworfen« (Offb 12,7ff).

Verständlich wird nun das Weitere: In alle Ewigkeiten – denn Luzifer und sein Gefolge sind auf ewig Verdammte – weigert sich der Widersacher, Maria auch nur zu grüßen. Der englische Gruß des treuen Erzengels Gabriel ist Luzifer verhaßt. Gegrüßet seist du, Maria – diese Worte werden nie über die Lippen Luzifers kommen.

Das aber heißt für uns: Jedesmal, wenn wir das Ave Maria beten, widersagen wir dem Satan und all seiner Verlockung. In einer entschiedenen und zugleich einfachen Weise widersetzen wir uns der verführerischen Macht der Kultur des Todes, die der Widersacher ist, und wählen stattdessen betend die Schönheit der Kultur des Lebens. Wir wählen Maria.

Pater Buob konnte daher pointiert sagen, daß das Ave Maria im Grunde »der kürzeste Exorzismus« ist, »ein befreiendes Gebet«.

Grafik:   Wien, Michaelerkirche, Portal, Erzengel Michael, wikicommons©Andreas Praefcke

Donnerstag, 27. Oktober 2016

Widerstand III – Hl. Johannes Paul II.

Ein guter Freund von mir, der seit Jahren im Lebensschutz tätig ist, sagte mir einst: »Die Intellektuellen, die kann man im Lebensschutz vergessen.«

Naturgemäß ist mit dieser Schelte über das Ziel hinausgeschossen. Aber der Stachel bleibt, denn besagter Freund spricht aus reichlicher Erfahrung. Wie oft mußte er es erleben, daß die von ihm so titulierten Intellektuellen gerade im Lebensschutz obergescheit daherredeten und obergescheite Vorschläge und Kritiken lancierten. Nur: Wenn es darauf ankam, auch nur den kleinsten pragmatischen Finger zu rühren, damit der Lebenschutz prosperiere, dann waren die neunmalklugen Debattierer plötzlich auf den Bahamas oder untergetaucht oder mit Migräne auf der Isolierstation.

Nun gibt es Gott sei Dank den heuer heiliggesprochenen Papst Johannes Paul II., dem man gewiß die intellektuellen Gaben nicht absprechen kann. Und eben dieser Papst rührte mehr als einen Finger im Lebensschutz. Und er war es schließlich auch, der in seiner großen, 1995 promulgierten Enzyklika Evangelium vitae, die man zurecht als Magna Charta des Lebensschutzes bezeichnet hat, die klare Tat forderte.

Unverbindlichkeit oder gar Quietismus hat Johannes Paul II. den Boden entzogen, wenn das zur Debatte steht, was sein Nachfolger auf dem Papststuhl, Benedikt XVI., die »unverhandelbaren Werte« nannte. Und der Lebensschutz ist unverhandelbar. Und gerade deswegen ist er genaugenommen kein Wert, sondern die Grundlage. Im Bild gesprochen die Primärfarbe, die durch keine noch so raffinierten Tricks retuschiert, unkenntlich gemacht oder ersetzt werden kann.

Wer es schwarz auf weiß haben will, wie JP II das verantwortungs- und fruchtlose Diskutieren vom Tisch wischt und zur Entscheidung verpflichtet, wohlgemerkt verpflichtet, der lese den unmißver-ständlichen Beginn von Paragraph 73 der Enzyklika vom Evangelium des Lebens. Dort heißt es:
»Abtreibung und Euthanasie sind also Verbrechen, die für rechtmäßig zu erklären, sich kein menschliches Gesetz anmaßen kann. Gesetze dieser Art rufen nicht nur keine Verpflichtung für das Gewissen hervor, sondern erheben vielmehr die schwere und klare Verpflichtung, sich ihnen mit Hilfe des Einspruchs aus Gewissensgründen zu widersetzen.«
(Hervorhebung von JP II)
Zu widersetzen!

Grafik:   wikicommons, Karol Wojtyla-1st comunnion.jpg; www.catholiclane.com/blessed-jp-ii-and-the-culture-of-life

Mittwoch, 19. Oktober 2016

Widerstand II – Maria

O dulcis virgo Maria. O süße Jungfrau Maria. So heißt es im Salve Regina. Und etliche Jahrhunderte später singt Novalis: Ich sehe dich in tausend Bildern, Maria, lieblich ausgedrückt.

Maria, die Liebliche. Maria, die Süße. Das stimmt. Denn jeder, der sich der Muttergottes nähert, wird es bestätigen können.

Aber ein jeder, der Maria wahrhaft kennenlernen will, wird auch die Seite in Maria entdecken, von der heutzutage weniger gesungen wird. Wir meinen: Maria, die Kämpferin. Oder, wie es Papst Pius XII. ausdrückte: Maria, die Siegerin in allen Schlachten Gottes.

Wie könnte es auch anders sein. Denn da Maria stets auch Bild der Kirche ist, ist sie logischerweise auch Bild der streitenden Kirche, d. h. der Kirche, die hier auf Erden den geistlichen Kampf zu bestehen hat. Und das ist ein durch und durch biblischer Befund. Schließlich verzeichnet die Heilige Schrift bereits im Buch Genesis und also auf den ersten Seiten der Bibel – nach dem Sündenfall – diese markante Verheißung:

»Da sprach Gott, der HERR, zur Schlange: Weil du das getan hast, bist du verflucht unter allem Vieh und allen Tieren des Feldes. Auf dem Bauch sollst du kriechen und Staub fressen alle Tage deines Lebens. Feindschaft setze ich zwischen dich und die Frau, zwischen deinen Nachwuchs und ihren Nachwuchs. ER wird dir den Kopf zertreten …« (Gen 3,14 f)

Die Überlieferung hat diesen Text als Protoevangelium bezeichnet und in der »Frau« die Vorankündigung der Gottesmutter Maria gesehen, weil sie diejenige ist, die durch ihr Jawort zur Menschwerdung Christi am Erlösungswerk mitwirkt, nämlich die Schlange, welche auch Satan heißt, am Kreuz endgültig zu besiegen. Ipsa conteret: Sie, Maria, zertritt. Sie ist die Schlangenzertreterin. Kein Wunder daher, daß sie auf etlichen Abbildungen die teuflische Schlange besiegt unter ihren Füßen hat.

Maria, die nur Süße, ist in dieser Ausschließlichkeit eine theologische Verkürzung. Maria ist immer auch die, die jeder Sünde, Unwahrheit, Verfälschung – kurz: jeder Verneinung des Lebens – den erbittersten Widerstand entgegensetzt. Widerstand auch dann, wenn es darum geht, den wahren Glauben zu verteidigen.

In einer französischen Marien-Enzyklopädie (Maria, études sur la Sainte Vierge, 7 vol., Paris, Beauchesne, 1949–1964, hier Bd. IV, 1956, 695) findet sich bezeichnenderweise folgende Geschichte:
Polen 1621 – Am Vorabend der Schlacht von Chocim und wenige Tage nach der schrecklichen Niederlage von Cecora, verbrachte der Oberbefehlshaber Stanislas Lubomirski die Nacht vor dem Kampf in einer früher in Polen sehr beliebten Bußhaltung: kniend, die Arme gekreuzt, im Gebet.

Nach einer Nacht glühender Gebete hatte er folgende Erleuchtung, von der er glaubte, daß sie direkt von unserer Lieben Frau kam, und die sich mit einem einfachen Aufruf zusammenfassen läßt: »Leiste Widerstand, koste es, was es wolle«.

Am darauffolgenden Tag brach er die Unterhandlungen mit den Türken ab und trug einen glänzenden Sieg davon, den das polnische Volk jedes Jahr am 10. Oktober feiert.

Mittwoch, 12. Oktober 2016

Widerstand I – Ester

Was tun, wenn das Leben auf dem Spiel steht?

Das biblische Buch des Alten Testaments, welches den Namen Ester trägt, erzählt von der lebensbedrohlichen Situation, in die das jüdische Volk in Persien gerät. Haman, der mächtige Wesir im persischen Reich, will die gesamte jüdische Bevölkerung ausrotten. Der Plan ist bereits geschmiedet, die entsprechenden Maßnahmen getroffen, der vom König unterschriebene diesbezügliche Erlaß an sämtliche Provinzen ausgehändigt.

In dieser, wie es scheint, ausweglosen Lage richtet Mordechai, der mit anderen Stammesgenossen aus Jerusalem nach Persien verschleppt wurde, an Ester, deren Vormund er ist, eine unmißverständliche Botschaft.

Dazu muß man wissen: Ester lebt in den schönsten Räumen des sogenannten Frauenpalastes, im königlichen Prunkbau, denn Artaxerxes, der herrschende König, ist von ihrer Anmut und Schönheit äußerst angetan, erwählt sie schließlich zur Königin, weiß freilich nicht, daß sie eine gebürtige Jüdin ist.

Als Ester durch ihre Dienerinnen und Kämmerer erfährt, daß ihr Volk in großer Trauer ist, daß es klagt, weint und fastet, schickt sie Mordechai Gewänder, damit er, wie es heißt, »sich bekleiden und das Trauergewand ablegen könne«. Doch Mordechai verweigert diesen Tausch.

Daraufhin will Ester Genaueres wissen und schickt ihren Diener mit der Bitte um Auskunft zu Mordechai. Dieser läßt ihr den mörderischen Erlaß überbringen und zusätzlich ausrichten, daß sie, Ester, zum König gehen und inständig für ihr Volk um Gnade bitten soll.

Wie reagiert nun die Ziehtochter?

Ester antwortet, daß sie nicht nach eigenem Gutdünken zum König gehen könne, nur dann, wenn der König ausdrücklichen Befehl erteile, dürfe man sich ihm nahen. Wer ungerufen in den inneren Hof des Königs vordringe, sei des Todes.

Doch nun geschieht das Außergewöhnliche: Mordechai nimmt die Absage Esters, die scheinbar unantastbar und unwiderlegbar ist, nicht an. Er läßt ihr mitteilen: »Glaub ja nicht, weil du im Königspalast lebst, könntest du dich als einzige von allen Juden retten. Wenn du in diesen Tagen schweigst, dann wird den Juden anderswoher Hilfe und Rettung kommen. Du aber und das Haus deines Vaters werden untergehen.«

Dies ist die Lektion, die ein jeder, auch Ester, zu lernen hat: Wenn es um das Leben geht, um das Geschenk des Lebens, wenn dieses Geschenk bedroht ist, wenn es sprichwörtlich um Leben oder Tod geht, dann gilt kein Rückzug, kein vornehmes Schweigen, kein Abstandnehmen. Dann gilt nicht länger das Gewöhnliche, sondern das Außer-Gewöhnliche. Dann gilt der Widerstand. Denn man darf nicht schweigen, wenn das Leben auf dem Spiel steht.

Und Ester versteht auf der Stelle. Sie übernimmt die Aufgabe, die allein ihr zusteht. Sie geht zum König, auch auf die Gefahr hin, in tödliche Ungnade zu fallen.

Aber auch dies gilt: Der Widerstand ist nur dann recht, wenn er ein durchbeteter ist. Ester ist nicht die Tollkühne, die Verwegene. Im Gegenteil: Sie ist die, die versteht und also einsieht, daß der Kampf ein geistlicher ist und also mit geistlichen Mitteln geführt wird: Ester betet, fastet, tut Buße, ruft zur Fürbitte auf.

Am Ende steht die Rettung des jüdischen Volkes. Das ist keine billige Gnade. Das ist die eherne geistliche Botschaft der Heiligen Schrift. Wer das Leben verteidigt, geht nicht zugrunde. Denn Gott, der Herr des Lebens, kämpft für ihn.

Grafik:   wikicommons / Radbod Commandeur (1890–1955); photo by Deror avi