Samstag, 27. Juli 2019

Auch Genies…


... brauchen bisweilen Zeiten der Entspannung.

Wir wünschen allen Lesern und Genies erholsame Sommertage!

Freitag, 19. Juli 2019

Amen


Für Ch. D. H. 

»Es ist nicht verständlich, eine unbezweifelbare Wahrheit erst noch erproben zu wollen.«

Miguel de Cervantes Saavedra


Grafik: Photo by Daoudi Aissa on Unsplash

Freitag, 12. Juli 2019

Die discretio


Der heilige Papst Gregor der Große, der Benediktinerpapst auf dem Stuhl Petri, berichtet in seinem berühmt gewordenen zweiten Buch der Dialoge über das Leben des Mönchsvaters Benedikt. Aus den Anfängen der Vita des späteren Abtes wird folgende Begebenheit berichtet:

Benedikt hat - betend, bescheiden - sein erstes Wunder gewirkt.. Und wie es so zu gehen  pflegt: Das Wunder wird bekannt, und die Leute beginnen den Wundertäter zu bewundern. Um jeglicher Ehr- und Ruhmsucht den Boden zu entziehen, flieht Benedikt seine vertraute Umgebung.

Auf seiner Flucht begegnet er einem Mönch namens Romanus. Es ergibt sich ein Zwiegespräch. Romanus erfährt von den Plänen Benedikts, sich in die Einsamkeit zurückzuziehen, weg von den Fallstricken der Welt. Und Romanus hilft dem Fliehenden. Er gibt ihm ein Mönchsgewand und, nachdem Benedikt sich in eine Höhle zurückgezogen hat, hilft Romanus in den nächsten drei Jahren dem abgeschiedenen Einsiedler, indem er diesen mit notwendiger Nahrung versorgt. Dies geschieht, in den Worten des Biographen Gregor, wie folgt:

»Vom Kloster des Romanus führte aber kein Weg zur Höhle Benedikts, weil der Fels oberhalb der Höhle steil aufragte. Romanus ließ daher das Brot immer von diesem Felsen an einem langen Seil hinab; an dem Strick befestigte er auch eine kleine Glocke, damit der Mann Gottes an ihrem Klang erkennen konnte, daß ihm Romanus das Brot brachte. Dann kam er heraus, um es anzunehmen.«

Nach drei Jahren endet gemäß dem göttlichen Plan der Vorsehung das Einsiedlerleben Benedikts. Er wird gerufen in das Hinaus. Die Zeit der Begegnungen beginnt.

Doch die drei verborgenen Jahre in der Höhle von Subiaco sind prägende Jahre, und zu ihnen gehört – wie es ein großer Benediktiner des 20. Jahrhunderts ausgedrückt hat - »die Treue eines unsichtbaren Freundes«.

In der Regel des heiligen Benedikt, die späterhin zum Fundament des entstehenden Ordens wird, nimmt die Tugend der discretio eine zentrale Stellung ein. Damit ist mehr gemeint, als was heute gemeinhin unter Diskretion verstanden wird, als sei diese nicht mehr als eine Art banaler Verschwiegenheit oder Zurückhaltung oder Unauffälligkeit.

Das lateinische Grundwort, von dem das Nomen sich ableitet, lautet, discernere und meint unterscheiden. Die discretio ist damit die Tugend, die in allen Lebensbereichen die Gabe der Unterscheidung pflegt, beherzigt, ausübt. Sie ist die Tugend der Mitte, die die zerstörerischen Extreme befriedet und den Ausgleich zu schaffen weiß zwischen Spannung und Entspannung. Sie vermeidet alles Laute und Vordergründige, sie kommt und ist beheimatet in der Stille und Verborgenheit, weil sie aus Erfahrung weiß, daß Gott selbst, der am Anfang das Wort der Unterscheidung sprach: bara, es werde, der verborgene Gott ist, der sich schließlich in der Menschwerdung des Sohnes diskret verbirgt und offenbart.

Eine Ahnung oder auch ein Gespür für diese grundlegende Tugend zu empfangen, ist in Zeiten, wo es schrill und entblößt zugeht und in denen nicht das Stille gepriesen wird, sondern das Marktschreierische, schwer. Ein Romanus würde heute ins Rampenlicht gezerrt und interviewt und zu Tode photographiert. Für unsichtbare Freunde ist wenig bis kein Platz, wo die In-Diskretion an der Tagesordnung ist.

Und doch bleiben diese unscheinbaren Dinge: Ein Seil und eine Glocke. Wie wenig. Wie viel.

Grafik: Benedikt und Romanus. Illustration from Vita et miracvla Sanctiss.mi Patris Benedicti, 1579, by Bernardino Passeri. Plate 5. Typ 525.79.674, Houghton Library, Harvard University. Wiki.commons

Freitag, 5. Juli 2019

Mit Staunen


Wenn es um‘s Wetter geht, wissen es bekanntlich alle besser. Dann sind plötzlich alle Meteorologen.

Wie in der Geschichte, die wir in der Grundschule lernten.

Da beschwerten sich die Leute beim Lieben Gott über das Wetter. Zu kalt, zu warm, zu regnerisch, zu neblig. Mit einem Wort: Zu falsch halt.

Und da der Liebe Gott viel Geduld mit den Erdenbürgern hat, macht er besagten Leuten einen Vorschlag. Einen Monat lang sollen sie das Wetter in ihre Hand nehmen.

Gesagt, getan.

Doch o weh. Nach einem Monat sieht die Ernte schlecht aus. Das Land liegt brach. Das Vieh jault. Die Menschen stöhnen. Was ist nur schief gelaufen?

Tja, die braven Leutchen haben bei all ihrem furiosen Wettereifer darauf vergessen, daß es auch noch den Wind gibt. Dieser Wind, der, wie geschrieben steht, weht, wo er will, und der selbst unsichtbar sein mag, und ohne den dennoch nichts blühen und gedeihen kann.

Vielleicht hätte es den braven Bürgern damals geholfen, zwei Minuten sich hinzusetzen und einem Gesang zu lauschen, den einer ihrer Mitbürger komponiert hatte. Man darf vermuten, daß auch dieser Mitbürger heiße Sommer kannte, mit Schweiß und Durst und stickigen Nächten. Doch merkwürdig. Dieser Mitbürger als Musiker, den man in späten Jahren liebevoll Papa Haydn nannte, war einverstanden mit den Anordnungen des Lieben Gottes. Und weil er einverstanden war, setzte er sich eines Tages hin und begann, das Schöpfungswerk, zu dem bekanntlich auch das Wetter gehört, zu preisen.

Und diesen Lobpreis vernehmend, gerieten schon anno dazumal die Wiener in Begeisterung. Ja, so ist es. Alles ist sehr gut. Auch das Wetter. Und die Wiener, die doch so gerne motschgern, riefen nun: »Es lebe Papa Haydn! Es lebe die Musik!« Und die kaiserlichen Majestäten riefen: »Bravo!«

Und mit Staunen sieht dieses Wunderwerk der Himmelsbürger frohe Schar.

Grafik: Aufführung der Schöpfung 1808 im Festsaal der alten Universität Wien. wikicommons