O love! O life! not life, but love in death!
So heißt es im Liebesdrama schlechthin – Shakespeare, Romeo und Julia, 4. Akt, Szene 5.
Und wo bleibt die Liebe in der Oper Tosca? Bleibt die Liebe da auf der Strecke? Bleiben nur drei Tote auf der Bühne, und das war’s? Hat der Tod das letzte Wort?
Manche oder auch etliche Liebhaber der Oper gehen davon aus, daß Cavaradossi zwar auf den Vorschlag Toscas bereitwillig eingeht und also den Hinrichtungstod mimen wird, aber daß er diese Komödie nur Toscas wegen mitspielt, während er, da er sich in Scarpias Schurkigkeit nicht täuscht, sehr wohl weiß, daß die angeblich falschen Schüsse echte sein werden und also sein falscher Tod der echte.
Das aber würde heißen, daß Mario – aus Liebe! – Tosca zwei Minuten des Aufatmens schenkt. Er, der um die Tragödie weiß, gewährt der Geliebten einen Trost. Zerbrechlich zwar, aber gleichwohl zwei Minuten einer letzten schmerzlichen Nähe.
Das aber würde heißen, daß Mario bis zum Äußersten geht. Not life but love in death. Daß er sein Kreuz auf sich nimmt, zu schweigen trotz größerer Einsicht, um derart die Liebe durch den Tod zu tragen.
Läßt man diese Betrachtungsweise zu, dann macht das Schlußbild einer Tosca-Aufführung in Verona 2017 durchaus Sinn. Tosca springt nicht in den Abgrund. Sie geht in das Dunkel hinein. Aber dies ist nicht das letzte Bild. Aus der Schwärze strahlt schließlich ein Lichtkegel auf. Und in diesem Lichtkegel steht Tosca, und in ihrer rechten hocherhobenen Hand hält sie ein leuchtendes Kreuz.
Das Kreuz? Ja. Denn was gibt es als wirkmächtigeres Zeichen der Liebe als das Kreuz. Bezeichnenderweise steht Mario, bevor die tödlichen Schüsse fallen, an einem Marterpfahl, der die Form des Kreuzes hat. Denn im Kreuz ist Heil. Im Licht des Kreuzes wird die Liebe gerettet über den Tod hinaus.