Freitag, 30. März 2018

Ecce homo


Wenn man gefragt würde, wo man wohne und wie man heiße und all die anderen ähnlichen Fragen, so könnte man antworten das Übliche. Aber was besagt das schon am Karfreitag und am Karsamstag, wenn die Zeit in der Luft hängt, ohne Anker, ohne Halt?

Die Zeichnung des heiligen Johannes vom Kreuz drückt es auf ihre Art aus. Da hängt Christus am Kreuz, vornübergebeugt, und Er stürzt gleichsam zur Erde. Denn die kleine Federzeichnung gilt es nach vorne zu kippen, zu dir hin, so daß der Gekreuzigte zur Erde stürzt.


Und wer empfängt den Gekreuzigten? Wessen Herz ist zerbrochen genug, um den Herabstürzenden aufzunehmen?

Freitag, 23. März 2018

Sein Tempel


»Die wunderbarste Erscheinung ist, wenn du in das Gesicht eines Menschen blickst, in dem sich Reinheit und tiefe Demut des Herzens spiegeln. Kann es eine schönere Erscheinung geben, als den unsichtbaren Gott zu sehen, wie er im Menschen als Seinem Tempel wohnt?«

Hl. Mönchsvater Pachomius



P h o t o (wiki public domain):  Heiliger José Sánchez del Río (1913–1928), Märtyrer der anti-katholischen Verfolgung in Mexiko. Trotz schwerster Folter blieb Joselito bis zuletzt seinem König Christus treu: Viva Cristo Rey! Ermordet durch mexikanische Funktionäre, die durch solche abscheulichen Verbrechen den katholischen Glauben ausmerzen wollten. Josés Schicksal und das der verfolgten mexikanischen Christen ist in dem erschütternden Film For Greater Glory (deutsch: Gottes General – Schlacht um die Freiheit) dargestellt.

Freitag, 16. März 2018

Ecclesia militans III

»Und die Martyrer waren selbstverständlich alle tätowiert.«

Einfacher, präziser und einleuchtender läßt sich nicht zusammenfassen, worüber Martin Mosebach in seinem neuen Buch schreibt.

Es handelt von den 21 jungen Männern, die am 15. Februar 2015 an einem libyschen Strand von IS-Henkern bestialisch enthauptet wurden. Ein Video, von den Henkern gefilmt und als Kriegserklärung an die Nation des Kreuzes ins Netz gestellt, zeigt die Exekution.

Die koptische Kirche hat die 21 als Martyrer heiliggesprochen, denn wie dem Video zu entnehmen ist, haben die 21 bis zuletzt ihren Glauben bekannt: »Herr Jesus«, so die letzten Worte.

»Und die Märtyrer waren selbstverständlich alle tätowiert.«

Das Zeichen, welches die Märtyrer (einfache Kleinbauern und Wanderarbeiter) siegessicher auf ihren Händen oder an der Daumenwurzel hatten anbringen lassen, war das Zeichen des Kreuzes. Obgleich sie wußten, daß es in moslemischer Umgebung gefährlich ist, sich als Christ zu bekennen, hielt sie dies nicht ab, unbeirrt für den König Christus Zeugnis zu geben: Sichtbar, unerschrocken, freudig.

Denn es gehört zur streitenden Kirche, Zeugnis zu geben. Wieviel gäbe es für den müden, erschlafften Westen zu lernen von diesen 21 Kämpfern. Zum Beispiel, daß Christsein eine Auszeichnung ist, daß Zeugnis zu geben eine grandiose Gnade ist, daß der Christ sich des Evangeliums nicht schämt, sondern als Herold eben dieses Evangelium, die unfaßbare Frohe Botschaft, mit seinem Leben tagein tagaus verlebendigt.

Dazu bedarf es keiner hochtrabenden intellektuellen Finessen. Mehrere der 21 Märtyrer waren das, was wir doch letztlich alle angesichts der Überfülle Gottes sind: Analphabeten. Teresa von Avila hat es in ihrem Buch der Gründungen so ausgedrückt: »Für die Seele besteht der Fortschritt nicht darin, viel zu denken, sondern viel zu lieben. Wie wird man sich nun diese Liebe aneignen? Indem man sich dazu entschließt, für Gott zu handeln und zu leiden und zwar bei jeder Gelegenheit, die sich uns bietet.«

Und auch dies wäre zu erlernen: Der Christ der Ecclesia militans wird geformt in der Liturgie. Es wundert nicht, daß die 21 begeisterte Anhänger der Liturgie waren, ja, daß im eigentlichen Wortsinn dort ihre Heimat war, sei es daß sie als Kantoren, Chormitglieder, Hymnensänger oder einfache, brennende Gläubige am Gottesdienst teilnahmen. »Der Ritus«, so Mosebach, »war die Luft, die sie atmeten.«

Die Namen der 21 sind auf immer im Buch des Lebens eingeschrieben. Das ist der Lohn derjenigen, die für die Kirche kämpfen:

Tawadros. Magued. Hany. Ezzat. Malak (der Ältere). Samuel (der Ältere). Malak (der Jüngere). Luka. Sameh. Milad. Issam. Youssef. Bishoy. Samuel (der Jüngere). Abanub. Girgis (der Ältere). Mina. Kiryollos. Gaber. Girgis (der Jüngere). Matthew.

Freitag, 9. März 2018

Ecclesia militans II


Vielleicht denkt so mancher beim Stichwort der streitenden Kirche an Schwerter und Säbelgefechte.

Das ist keineswegs falsch. Nur sollte man gleichzeitig bedenken, daß die schärfsten Schwerter im christlichen Leben die geistlichen sind. In den Worten einer Heiligen, die sich nach dem Martyrium sehnte und weiß Gott eine Kämpferin war: »Oh! das Gebet ist es, das Opfer, was meine ganze Stärke ausmacht, dies sind die unschlagbaren Waffen, die Jesus mir gegeben hat« (Thérèse vom Kinde Jesu).

Wie alles, so kann man auch dieses Bekenntnis einer Heiligen mißverstehen, derart, daß man es umdeutet in ein Bekenntnis zum Quietismus. Beten, opfern, schön und gut, das kann ich in meinem stillen, gemütlichen Kämmerlein tun, Hauptsache, ich bin weg vom Kampfplatz und dessen Getümmel.

So freilich hat es Thérèse nicht gemeint. Denn den gemütlichen Kampfplatz gibt es nicht. Der Kampf ist Kampf und kein Wohnzimmergefecht.

Mary Wagner zeigt dies in klarer Eindringlichkeit. Was macht sie?

Sie spricht vor Abtreibungsstätten schwangere Frauen an oder geht mit Rosen in den Händen in die Tötungsstätten und gibt den dort wartenden Frauen eine Rose und bittet sie, sich für ihr Kind zu entscheiden.

Und was passiert danach?

Die Angestellten der Abtreibungsstätte rufen die Polizei und Mary Wagner wird verhaftet.

Und was passiert danach?

Mary Wagner wird der Prozeß gemacht und sie wird zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Dies mittlerweile zu wiederholten Malen. Denn das kanadische Gesetz schützt per sogenannter Bannmeile das Geschäft der Abtreiber, die Tötungsstätte ist als »Privatgrund« deklariert, Lebensschützer, die diesen Privatgrund betreten, um das mörderische Geschehen zu unterbinden, werden entsprechend kriminalisiert. »Aber«, so Wagner in einem Interview, »auch auf einem Privatgrund ist es nicht in Ordnung, jemanden zu töten.«

In einem Osterbrief aus dem Gefängnis schreibt Mary Wagner: »Wir müssen alles für Christus tun. Für Christus, der uns im schmerzverzerrten Antlitz der Armen begegnet, die so arm sind, daß wir sie nicht einmal sehen und hören können.«

Das ist streitende Kirche im Jahre des Heils 2018. Mit den Waffen der Gerechtigkeit.

Freitag, 2. März 2018

Ecclesia militans I


Es ist wie so oft: Man liest Texte, man liest sie oft, immer wieder, und dann liest man dieselben Texte irgendwann in einer fremden Sprache (in Latein etwa), und man staunt: Ach!

Plötzlich stellt man nämlich fest, daß ein Offensichtliches, das in diesen Texten stets da war, allzuoft in der eigenen Lektüre vernachlässigt wurde oder, wenn bedacht, so sträflich wenig gewichtet worden ist.

Zum Beispiel: In den Psalmen ist das Thema des Kampfes ein Dauerthema. Und dieses Thema wird derart abgehandelt, daß der Beter der Psalmen nahezu unablässig sich an Gott wendet, damit der Allmächtige den Beter vor den Feinden, den Frevlern, den Fallenstellern, den Böswilligen, den Übeltätern, den Gottlosen, den Sündern, den Lästerern, den Törichten, den Schmähenden, den Ungerechten rettet.

Die Grundsituation, in die der Beter der Psalmen hineingestellt ist, ist keine idyllische Gebetslandschaft. Das alltägliche Brot des Beters ist der Kampf. Und die Feinde geben keine Ruhe, sie dringen selbst ins Heiligtum vor und wollen den sakralen Raum schänden.

Diese Psalmen betet die Kirche tagein, tagaus. Sie bilden das Stundengebet der Kirche. Es müßte also das Selbstverständlichste der Welt sein, daß die Kirche in ihrer Verkündigung das, was sie täglich betet, thematisiert. Nur: Wo hört man heutzutage in der Kirche von der streitenden Kirche, von der Ecclesia militans, wie sie seit je genannt wird? Das Thema der Kirche, die im Kampf ist und die zu kämpfen hat (denn der Kampf ist keine Option, sondern eine Pflicht), kommt auf den Kanzeln mehr oder weniger nicht vor. Die streitende Kirche ist mutiert zur allseits netten.

Was mache ich jedoch mit folgenden, beliebig herausgegriffenen Versen, die sich im Stundengebet der Kirche finden:
»Viele Tausende von Kriegern fürchte ich nicht, wenn sie mich ringsum belagern.
Herr, erhebe Dich, mein Gott, bring mir Hilfe!
Denn all meinen Feinden hast Du den Kiefer zerschmettert, hast den Frevlern die Zähne zerbrochen.
Beim Herrn findet man Hilfe. Auf Dein Volk komme Dein Segen.«
(Psalm 3,7 ff)
Und schließlich: Warum soll ich die Rüstung Gottes anlegen, wie Paulus schreibt, wenn es gar nichts zu kämpfen gibt (s. Epheserbrief 6,10 ff)?

Es ist kein geringes Verdienst der Lebensschutzbewegung, daß sie diese Tatsache des geistlichen Kampfes und also der streitenden Kirche wieder ins Bewußtsein gehoben hat. Und mehr noch.

Die Lebensschutzbewegung zeigt jeden Tag neu, daß der Kampf kein geschwätziger ist, kein intellektuelles bloßes Wortgeplänkel, sondern tatsächlicher Kampf hier und heute. Und in diesem Kampf wird der Lebensschützer verletzt, verspottet, verleumdet, verhöhnt, immer wieder. Eben das, seien wir ehrlich, will der moderne Christ nicht. Denn der Christ des Westens liebt es gemütlich. Bitte keine Aufregungen, die ins Fleisch schneiden, und keine Konfrontationen, die etwas kosten.

Angesagt sind die Werte, denn Werte sind harmlos. Über Werte läßt sich trefflich debattieren, ohne daß einer der Gesprächspartner auch nur einen Finger zu rühren braucht. Und das Bequeme an der Wertediskussion: Sollte es dennoch ungemütlich werden, dann kann man sogleich einen neuen Wert in Art eines netten Kaninchens aus dem Zylinder ziehen und sodann über diesen neuen, unbedingt interessanten Wert reden und reden und reden.

Es sind die Lebensschützer weltweit, die verstanden haben, daß der Christ, ebenso wie sein Meister, in den Kampf gestellt ist. Dies nicht deswegen, weil der Lebensschützer so erpicht aufs Kämpfen ist, sondern deswegen, weil die Welt nun mal so ist, wie sie ist: gefallen. Und diese gefallene Welt will die Bekehrung nicht, vielmehr treibt sie ihre Agenda des Todes gnadenlos voran. Wer dies für eine Übertreibung hält, der sollte einfach mal etwas googeln und schauen, wieviele immer neue Abtreibungsmethoden und Vermarktungsstrategien die Abtreibungsindustrie austüftelt, um den Tod zu verkaufen.

Wer das Stundengebet der katholischen Kirche betet und sich beruhigt im Sessel zurücklehnt, der sollte vielleicht mal das Stundengebet in einer anderen Sprache beten.

Grafik:    Photo by Ahna Ziegler on Unsplash