Freitag, 4. Mai 2018

Loslassen II


Eines seiner letzten Worte an seine Gemahlin ist: »Ich liebe dich unendlich.«

Am Tag vor der kirchlichen Trauung sagt der zukünftige Kaiser zu seiner Verlobten Zita: »Jetzt müssen wir uns gegenseitig in den Himmel helfen.«

In ihre Eheringe lassen sich Karl und Zita die lateinischen Anfangsworte des ältesten Mariengebetes der Christenheit eingravieren: Sub tuum praesidium confugimus, sancta Dei Genitrix  (Unter deinen Schutz und Schirm…).

Die Geschichte von Kaiser Karl und Kaiserin Zita ist – ineins mit der Geschichte der Politik und des Hauses Habsburg – auch die Geschichte einer großen Liebe. Liest man über das Paar, so ist man versetzt in eine andere Welt. Nicht in eine fremde Welt oder gar in eine illusorische, sondern vielmehr in die echte Welt, in die reale.

Am Traualtar versprechen die Brautleute einander die Treue, in guten wie in bösen Tagen, bis der Tod sie scheidet. Das Herrscherpaar Karl und Zita lebt diese Liebe. Der Thronfolger und der spätere Monarch ist ein liebevoller Familienvater, auch wenn ihm die politischen Geschäfte wenig Zeit für die Familie lassen. Die Kaiserin ist in allem die wahre Gefährtin ihres Mannes, diskret, unverbrüchlich, in grandioser Treue. Eine starke Frau, wer findet sie?, fragt das biblische Buch der Sprichwörter 31,10. In Zita findet Karl diese starke Frau.

Zessner-Spitzenberg berichtet in seinem Charakterbild des Herrschers, Kaiser Karl, ausführlich über die letzten Tage des Verbannten. Die Siegermächte fällen ein Schandurteil: Der Kaiser wird in erniedrigender Weise der Heimat verwiesen und zusammen mit seiner Gemahlin ins Exil, ins abgelegene Madeira, verfrachtet. Es sagt mehr als etliche Kommentare, wenn man liest, daß den Verbannten, auf ihrem Transport in das Exil, die heilige Messe als Beistand der katholischen Kirche verweigert wird, obgleich der Kaiser mehrmals um diese Gunst bittet.

In den Tagen des Exils reifen die letzten, unabänderlichen, ewigen Entschlüsse des Herrschers.
»In all diesen Tagen«, so Zessner-Spitzenberg, »schien der Kaiser innerlich nach Klarheit in einer wichtigen Frage und um einen entscheidenden Entschluß zu ringen. Er habe schon längere Zeit das Gefühl, sagte er, Gott wünsche von ihm das Opfer seines Lebens zur Rettung seiner Völker. Fassungslos vermochte Kaiserin Zita kein Wort zu erwidern. Der Kaiser schwieg und schien zu warten. Dann, während seine Augen erneut die Marienkirche am Berge suchten, schloß er mit großer Festigkeit: Und ich werde es tun!
Kaiserin Zita flehte in ihrem Innern, Gott möge es bei diesem Gedanken bewenden lassen. Der Kaiser jedoch begann von jenem Tage an, ihr Ratschläge zu geben, was sie tun müsse, wenn er – vielleicht in kurzer Zeit – nicht mehr bei ihr wäre.«

Hier vollendet sich das Versprechen, welches das Paar sich vor der Trauung gab. Indem Karl, wie es der Kolosserbrief 3,2 vorgibt, konsequent das im Blick hat, was oben ist (Richtet euren Sinn auf das Himmlische und nicht auf das Irdische), geht er voraus und ebnet den Weg für seine Gemahlin. Aber die Treue kostet. Sie verlangt noch die Hingabe des Kostbaren, der irdischen Gemeinschaft mit der Gefährtin und den geliebten Kindern. Doch genau so wird die Treue in der Ewigkeit besiegelt.

Am  3. Oktober 2004 wird Kaiser Karl seliggesprochen. Der Gedenktag des Seligen ist der 21. Oktober. Es ist der Hochzeitstag von Karl und Zita.

Grafiken: S. Kaiser-Karl-Gebetsliga.

Literaturempfehlung: Hans Karl Zessner-Spitzenberg, Kaiser Karl. Aus dem Nachlaß hrsg. v. Erich Thanner, Salzburg 1953.