Freitag, 27. November 2020

Sine dominico non possumus!


Es ist gerade mal 13 Jahre her, da predigte Papst Benedikt XVI., anläßlich seines Pastoralbesuchs in Österreich, folgende Worte im Stephansdom:

Sine dominico non possumus! Ohne die Gabe des Herrn, ohne den Tag des Herrn können wir nicht leben: So antworteten im Jahr 304 Christen aus Abitene im heutigen Tunesien, die bei der verbotenen sonntäglichen Eucharistiefeier ertappt und vor den Richter geführt wurden. Sie wurden gefragt, wieso sie den christlichen Sonntagsgottesdienst hielten, obgleich sie wußten, daß darauf die Todesstrafe stand.
Sine dominico non possumus: In dem Wort dominicum /dominico sind zwei Bedeutungen unlöslich miteinander verflochten, deren Einheit wir wieder wahrzunehmen lernen müssen.
Da ist zunächst die Gabe des Herrn – diese Gabe ist er selbst: der Auferstandene, dessen Berührung und Nähe die Christen einfach brauchen, um sie selbst zu sein. Aber dies ist eben nicht nur eine seelische, inwendige, subjektive Berührung: die Begegnung mit dem Herrn schreibt sich in die Zeit ein mit einem bestimmten Tag. Und so schreibt sie sich ein in unser konkretes, leibhaftiges und gemeinschaftliches Dasein, das Zeitlichkeit ist. Sie gibt unserer Zeit und so unserem Leben als ganzem eine Mitte, eine innere Ordnung. Für diese Christen war die sonntägliche Eucharistiefeier nicht ein Gebot, sondern eine innere Notwendigkeit. Ohne den, der unser Leben trägt, ist das Leben selbst leer. Diese Mitte auszulassen oder zu verraten, würde dem Leben selbst seinen Grund nehmen, seine innere Würde und seine Schönheit.

Haben wir beherzigt, was uns Benedikt damals sagte?

Die Christen der Frühzeit haben für die heilige Messe am Sonntag ihr Leben riskiert. Das ist keine fromme Metapher, sondern exakte Beschreibung der Wirklichkeit. Warum werden jedoch heutige Christen, die heute darauf bestehen, daß sie ohne den Sonntag nicht leben können, ohne »die Begegnung mit dem auferstandenen Christus in Wort und Sakrament«, welche Begegnung naturgemäß nicht ersetzbar ist durch eine virtuelle Veranstaltung, warum werden diese Christen ins Eck gestaltet, als seien sie gleichsam die Verbohrten der Jetztzeit, die noch nicht verstanden hätten, welche Stunde geschlagen hat?

Sind die Christen der Frühzeit unsere tatsächlichen Geschwister im Glauben oder nicht? Ist ihr Lebenszeugnis Zeugnis für uns oder nicht?  
 
Benedikt fragte die im Stephansdom Versammelten: »Geht diese Haltung der Christen von damals auch uns Christen von heute an?« Und seine Antwort war das eindeutige »Ja«.

Und Benedikt XVI. schloß seine Predigt mit den Worten: »Wenn wir dem Gott zugehören, der die Macht über alle Mächte ist, dann sind wir furchtlos und frei, und dann sind wir Erben.«                                 

Grafik: Stephansdom. Photo by Ross Grant on Unsplash