Freitag, 31. Mai 2019

Benedicere


Dann führte er sie hinaus in die Nähe von Betanien. Dort erhob er seine Hände und segnete sie.
Und während er sie segnete, verließ er sie und wurde zum Himmel emporgehoben; sie aber fielen vor ihm nieder. Dann kehrten sie in großer Freude nach Jerusalem zurück.
Und sie waren immer im Tempel und priesen Gott.
So beschließt der Evangelist Lukas seinen Bericht über die Himmelfahrt Jesu. Der Abschied Jesu von seinen Jüngern vollzieht sich segnend. Dieser Segen ist kein ephemeres Ereignis, sondern eines der Ewigkeit. In diesem Segen sind die Jünger des Herrn fortan geborgen. Er ist ihre Rüstung, ihre glorreiche Imprägnierung.

Und wie ist die Reaktion der Jünger?

Die Prostratio (als niederfallendes Anbeten des Herrschers des Weltalls), die Freude (als überragendes Erfülltwerden mit der göttlichen Verheißung) und der Lobpreis.

Das Lateinische, ebenso wie das Griechische, verwendet für die beiden Handlungen des Segnens und des Lobpreisens das identische Wort: benedicere beziehungsweise eulogein.

Das ist mehr als eine semantische Zufälligkeit. Hier kommt Wesentliches zur Sprache. Derjenige, der von Gott gesegnet wird, lobpreist. Es ist die naturgemäße Reaktion dessen, der den göttlichen Beistand empfängt und in diesem schützenden Mantel geborgen ist.

Anders gesagt: Derjenige, der sich ganz öffnet für die Gabe des himmlischen Segens, der wird in diesem Segen eingetaucht in das Licht des Schöpfungsmorgens. In diesem Licht leuchten die Verhältnisse und Dinge und Beziehungen in ihrem reinen, ursprünglich gemeinten Dasein. In diesem Licht gibt es nicht den Widerstand gegen die Allmacht des Schöpfers, sondern einfach die nicht zu fassende, dankbare Anerkennung der Tatsache, Kind eben dieses Schöpfers zu sein.

Und da jeder Dank sich ausdrücken will, weil nämlich der Mund davon sprechen will, wovon das Herz voll ist, beginnt der Jubel der Lippen – der Preisgesang auf den gütigen Gott. Und da der Leib mitfeiern will, stimmt er ein in das Benedicere und verneigt sich – tief, und tiefer, da er auch dies anerkennt: Daß er Staub ist, der begnadet ist vom Licht aus der Höhe.


Grafik: Schnorr von Carolsfeld, Himmelfahrt Christi. commons.wikimedia