Samstag, 19. August 2017

Der hl. Dominikus und der Rosenkranz

Von der streitenden Kirche, die im Lateinischen ecclesia militans bezeichnet wird, hört man heutzutage wenig.

Woran liegt’s?

Vermutlich daran, daß man nirgends anecken will. Denn die streitende Kirche setzt voraus, daß es Lehren, Situationen, Meinungen etc. gibt, die für einen Christen unannehmbar sind und gegen die folglich kämpferisch Stellung zu beziehen ist.

Das Leben ist, und dies ist durchgängige biblische Sichtweise, kein gemütlicher Spaziergang, sondern ein Kampf. Ein geistlicher Kampf. Kampf meint freilich zuallererst Kampfansage an die eigene Bequemlichkeit, Lauheit und Feigheit, die sich gerne einrichten würden im Gehäuse der Welt, selbst auf die Gefahr hin, damit den christlichen Sendungsauftrag zu verraten, der uns als Fremdlinge in die Welt schickt, nicht als gemütlich Seßhafte.

Die Heiligen aller Zeiten haben dies bestens verstanden. Sie sind dem Kampfe nicht ausgewichen, sondern haben sich unerschrocken mitten in den Kampfplatz gestellt. So auch der Gründer des Dominikanerordens, dessen 800jähriges Gründungsjubiläum bis zum Beginn des Jahres 2018 gefeiert wird, der hl. Dominikus.

Einer seiner Biographen schreibt über die Zeit, in die der Heilige hineingeboren wurde: »Es ist die Zeit, in der die Bischöfe fast lauter stumme Hunde sind, um ein hartes Wort Papst Innozenz’ III. aufzugreifen; es stammt aus dem Propheten Jesaja (Jes 56,10). Vielleicht aus Mangel an Wissen wagen sie nicht zu bellen! Die Kirche befand sich damals in der traurigen Zeit des schlimmen Schweigens (pessima taciturnitas)«.

Naturgemäß schweigt der hl. Dominkus nicht auf schlimme Weise. Er spricht, mit Freimut, in Wahrheit und mit Liebe. Denn es geht ihm nicht darum, den Gegner – sei es den Irrgläubigen, den im Glauben Unwissenden oder den gänzlich Fernstehenden (wie man heute sagen würde) beziehungsweise den der Kirche feindlich Gesinnten – zu zerstören, sondern ihn zu überzeugen und derart seine Seele zu retten, und dies kraft der Gnade, des echten apostolischen Lebenszeugnisses und der verantwortungsvollen Rede und Antwort.

Was nun die Gnade betrifft, so kam die Mittlerin aller Gnaden, die Jungfrau Maria, dem heiligen Dominikus wirkmächtig zu Hilfe.

Wie diese Hilfe ausschaute, ist auf unzähligen Abbildungen zu sehen: In Kirchen, Kapellen, Oratorien, Museen. Eine davon kann man im Kunsthistorischen Museum (KHM) zu Wien betrachten, auf einem berühmten Gemälde von Caravaggio.

Zu sehen ist die Madonna, die dem heiligen Dominikus, der ihr zur Linken mit offen dargebotenen Händen steht, Rosenkränze überreicht hat. Und diese Rosenkränze soll der heilige Ordensgründer weiterreichen an die vor ihm knienden Menschen, die – mit sehnsüchtiger Gebärde – sich nach eben diesen Rosenkränzen ausstrecken.

Nun ist die Übergabe der heiligen Rosenkränze in dieser heiligen Reihenfolge – aus den Händen der Muttergottes in die Hände des heiligen Dominikus in die Hände des Volkes – mehr als ein frommes Geschichterl. Denn man muß wissen, daß eben der Rosenkranz kein frommer Devotionsgegenstand unter unzähligen anderen ist, sondern vom Himmel gezielt eingesetztes Instrument der Gnade im Kampf gegen die Häresien. Und der hl. Dominikus und seine Brüder sind die Herolde im Gebet und in der Verbreitung dieses himmlischen Kampfmittels.

Der selige Papst Pius IX. drückte es folgendermaßen aus:
»Nachdem der heilige Dominikus den Predigerorden gegründet hatte, war sein Verlangen, den Irrtümern der Albigenser (einer damaligen häretischen Sekte, die von zwei gleich mächtigen schöpferischen Prinzipien, nämlich dem Guten und dem Bösen, ausging) ein Ende zu setzen. Von göttlicher Inspiration bewegt, begann er, die Hilfe der Unbefleckten Muttergottes anzurufen, der allein es gegeben ist, alle Häresien des Universums auszumerzen; und er predigte den Rosenkranz als unfehlbaren Schutz gegen Häresien und Laster.«
Papst Benedikt XVI. sprach in einer Generalaudienz aus dem Jahre 2010 davon, daß der heilige Dominikus »vor allem die Marienverehrung … seinen geistlichen Kindern als kostbares Erbe hinterließ; diese haben in der Geschichte der Kirche das große Verdienst, das Gebet des heiligen Rosenkranzes zu verbreiten (…).«

Heute, da die Häresien gleichsam überall aus dem Boden sprießen, wobei, im Unterschied zu den Zeiten eines heiligen Dominikus, diese Häresien nicht länger als Irrlehren kenntlich sind, sondern quasi als neue Heilslehren gehandelt werden und längst in der gängigen Meinung des sogenannten mainstreams, auch des kirchlichen mainstreams, angekommen sind, ist es folglich dringender denn je, dieses so wirksame geistliche Mittel des Rosenkranzes zu beherzigen, zu pflegen, zu verbreiten.

»Kinder helft mir, die Übel der Kirche und der Gesellschaft zu bekämpfen, aber nicht mit dem Schwerte, sondern mit dem Rosenkranz!«

Diesem Aufruf des seligen Papstes Pius IX. hätte der heilige Dominikus, wie man getrost annehmen darf, ohne weiteres zugestimmt.