Molokai wurde bekannt durch den heiligen Damien de Veuster. Es ist die Insel der Leprakranken. Dorthin ließ sich der belgische Missionar 1873 senden, um sein Leben für die Leprakranken hinzugeben.
Ein anderer Missionar, ebenfalls nach Molokai aufgebrochen, berichtet Jahrzehnte später von seinem Aufenthalt auf der Leprainsel.
Auf der Insel angekommen, erfaßt den Missionar das Erschrecken angesichts der entstellten Kranken. Mutlosigkeit will sich breit machen. Wie soll das gehen? Die wunderschöne Statue der Madonna aufstellen und dabei in die ungestalten, zerstörten Gesichter der Leprosen schauen?
Während er noch seinen bedrückenden Gedanken nachhängt, kommt eine Schwester und bittet ihn, sofort zu einem Sterbenden zu kommen. Die Marienstatue solle er mitnehmen, denn der Sterbende wünsche sich, bevor er sterbe, die Madonna zu sehen.
Der Missionar, die Madonna in den Armen, folgt der Schwester mit beklommenem Herzen. Sie erreichen das Lager des Sterbenden. Dieser stammelt bewegt: »Die Madonna.«
Ist es nun die Beklemmung des Missionars, seine Angst zu versagen oder ganz einfach seine Hilflosigkeit? Als er sich dem Bett des Kranken nähert, stolpert er und fällt. Bevor er zu Boden geht, ruft er, um die Statue zu retten, aus: »Maria, hilf.«
Als er sich erhebt, gilt sein erster Blick der Madonna. Die Muttergottes ist an vielen Stellen verletzt. Die Hände halten zwar weiterhin den Rosenkranz, sind aber beschädigt. Der Lack im Gesicht ist an etlichen Stellen abgesplittert, auf den Wangen sind nun dunkle Flecken zu sehen, das Lächeln der Muttergottes weist einen schmerzlichen Zug auf. Nur die Augen sind unversehrt und schauen mit derselben Güte und Zärtlichkeit den Betrachter an.
Der Missionar zögert. Was soll er tun? Die Schwester ruft ihn ans Lager des Sterbenden. Dieser, als er die Madonna wahrnimmt, wird von einer Welle der Liebe und Sehnsucht und Glaubenserschütterung erfaßt. Er versteht, ohne viele Worte: Die himmlische Mutter kommt zu ihrem sterbenden Kind.
Denn so ist Maria. Sie steigt herab. Aus Liebe zu ihrem kranken, entstellten Kind verzichtet sie auf ihre makellose Schönheit.