Donnerstag, 22. November 2018

Logisch


»Die Krähen behaupten, eine einzige Krähe könnte den Himmel zerstören. Das ist zweifellos, beweist aber nichts gegen den Himmel, denn Himmel bedeutet eben: Unmöglichkeit von Krähen.«

Franz Kafka

 
Grafik: Photo by Jez Timms on Unsplash

Freitag, 16. November 2018

Weh denen

Der größte Abtreibungskonzern weltweit ist die International Planned Parenthood Federation (IPPF). Allein die amerikanische Tochterfirma PP führt jeden Tag in den USA an die 1000 Abtreibungen durch, tötet also jeden Tag 1000 ungeborene Kinder, und dies in allen Lebensstadien der Schwangerschaft.

Seit Jahrzehnten wird dabei PP nicht müde, zu behaupten, das ungeborene Kind sei nichts weiter als ein Zellhaufen. Die bildgebenden Verfahren der Moderne, etwa der hochtechnisierte Ultraschall, entlarven freilich diese Aussage als das, was sie ist: Lüge. Das weiß auch PP. Also wird eine andere Strategie angewendet. Die neueste, in einer einminütigen Videowerbung plaziert, sieht folgendermaßen aus:

Ein Baby, ein Mädchen, lächelt mit großen Augen und wunderbar strahlend frontal in die Kamera. Dann der erste Schriftzug: Sie verdient, geliebt zu werden.

Das Baby lächelt weiter. Und der zweite Schriftzug erscheint: Sie verdient, erwünscht zu sein.

Und wieder strahlt das Baby. Und die finale Schrift erscheint: Sie verdient, eine Wahl zu sein.

Perverser geht‘s nimmer.

Schon der Slogan Sie verdient, erwünscht zu sein, ist grundfalsch. Denn alle Kinder sind Wunschkinder. Der Slogan unterstellt jedoch, daß es Wunschkinder gibt und Kinder, die keine Wunschkinder sind. Und was macht man mit den letzteren? Man ahnt es bereits.

Und der letzte Schriftzug bestätigt das Geahnte. Diese Kinder darf man getrost abtreiben.

Das Wort Abtreibung fällt dabei kein einziges Mal. Doch genau darum geht‘s, um das brutale Töten der süßen Babies. Denn das Codewort Wahl (choice) ist in Amerika und schließlich über die Vereinigten Staaten hinaus zum Abtreibungskennwort schlechthin geworden. Pro choice zu sein bedeutet für die Abtreibung zu sein. Die Frau hat die schreckliche Wahl. Sie, indoktriniert von PP, entscheidet, welches Baby zur Welt kommt und welches nicht. Das süße Baby, welches da so lieblich in die Kamera lacht, hat kein Mitspracherecht. Ja, die Perversion geht dahin, daß dem Zuschauer suggeriert wird, dieses Babygirl selbst wäre einverstanden damit, abgetrieben zu werden, wenn es unerwünscht wäre.

Der kurze Clip ist mit einer Schlafmusik unterlegt: Guten Abend, gute Nacht… a lulleby of love. Perverser geht‘s nimmer. Beim Propheten Jesaia heißt es: »Weh denen, die das Böse gut nennen und das Gute böse.«

Der deutsche Ableger des internationalen Abtreibungskonzerns ist die deutsche pro familia und in Österreich die Österreichische Gesellschaft für Familienplanung.

Freitag, 9. November 2018

Die Rose, immer


 Benedikt XVI. hat bekanntlich der jetzigen Zeit die Diagnose Diktatur des Relativismus ausgestellt.

Diktatur meint ein Regime, welches tyrannisch, gegebenenfalls mit Gewalt, seine Ideologie durchsetzt. Relativismus meint eine Haltung, der alles gleichgültig ist, die unablässig die Gleichwertigkeit aller Meinungen postuliert, Wahrheit als obsoletes Konstrukt brandmarkt, dabei jedoch – denn wir befinden uns wie gesagt in einer Diktatur - jeden Abweichler der zwangsverordneten Maßnahmen rigoros an den Pranger stellt, wiewohl sie doch angeblich jede Ansicht für gleichberechtigt hält.

Nun ist diese Diktatur des Relativismus nicht vom Himmel gefallen. Sie hat vielmehr ihre emsigen Förderer, Werbeträger, Multiplikatoren, Höflinge – und Literaten. Denn damit die Diktatur ihren akademisch-ästhetischen Anstrich bekommt, dazu bedarf es des Literaten, der geschickt die notwendige Patina zur Verfügung stellt, die der Diktatur quasi den Nimbus des Auratischen verleiht.

Umberto Eco ist einer der Vorreiter der relativistischen Agenten und Mitläufer. Sein Roman Der Name der Rose wurde nicht zufällig ein internationaler Bestseller. Er paßte haargenau in die Diktatur des Relativismus, und raffinierter noch, er jonglierte mit katholischen Requisiten, plazierte die Handlung in eine altehrwürdige Abtei, zitierte das Stundengebet der Kirche, spielte mit biblischen Referenzen und gab sich als Kenner der monastischen Praktiken, so daß der von der kriminalistischen Geschichte narkotisierte Leser den Roman gar für eine moderne Variante einer seriösen Wahrheitssuche mißverstehen konnte.

Ein Freund hatte mir seinerzeit, verführt von den multiplen religiösen Bezügen, den Roman zur Lektüre empfohlen. Verführt, denn tatsächlich zelebriert der Roman die genüßliche Zerstörung jedes Wahrheitsanspruchs und legt die Abtei, welche, wenn es mit rechten Dinge zuginge, das katholische Bollwerk wäre, am Ende der Handlung in Schutt und Asche.

Die vermeintliche Suche nach Sinn ist eine Illusion. Es gibt keinen. Das nominalistische Fazit des Romans, das, wenn man es jeder intellektuell glitzernden Falschmünzerei entkleidet, der schieren Verzweiflung das Wort redet, lautet: »Vielleicht gibt es am Ende nur eins zu tun, wenn man die Menschen liebt: sie über die Wahrheit zum Lachen bringen, die Wahrheit zum Lachen bringen, denn die einzige Wahrheit heißt: lernen, sich von der krankhaften Leidenschaft für die Wahrheit zu befreien.«

Aber, so höre ich den Leser des Romans entgegnen. Aber der Roman ist doch nicht so ernst zu nehmen, seine Lektüre macht Spaß, darum geht‘s, um den Spaß an der Literatur. Es ist dasselbe Argument, mit dem der Harry-Potter-Leser anmarschiert kommt: Aber der Spaß. Man soll nicht übertreiben, das Ganze nicht so ernst nehmen.

Damit tut man Eco keinen Gefallen, der einst sehr wohl die Wahrheit kannte. Als Sechzehnjähriger war er frommer Kirchgänger, nach seinen eigenen Worten ging er täglich zur heiligen Kommunion. Und als junger Mann promovierte er über die Ästhetik des heiligen Thomas von Aquin. Danach geschieht der Abfall. Eco gibt den katholischen Glauben auf, und der Spott und der Zynismus und der beißende Skeptizismus beginnen ihre zerstörerische Maulwurfsarbeit. Das ist Ecos Entscheidung. Kein ominöses Fatum, sondern die Entscheidung des Literaten Eco für die Destruktion.

Nicht einmal die Rose darf am Ende bleiben. Denn auch die Rose ist lediglich ein Name, ein verwelktes Zeichen, nichtssagende Konvention.

Ach je. Jeder Liebende weiß es besser. Goethe weiß es besser:

Ist’s möglich, daß ich, Liebchen, dich kose,
Vernehme der göttlichen Stimme Schall!
Unmöglich scheint immer die Rose,
Unbegreiflich die Nachtigall.

Grafik: Photo by Tom The Photographer on Unsplash

Freitag, 2. November 2018

Der Arme-Seelen-Ablaß

»Vom 1. bis 8. November kann täglich einmal ein vollkommener Ablaß für die Verstorbenen gewonnen werden«, so steht es in den kirchlichen Weisungen.

Was heißt das?

Nehmen wir ein Beispiel.

Robert, ein 54jähriger, der gerade mit seinen Arbeitskollegen Geburtstag gefeiert und dabei, was eigentlich nicht seine Art ist, zu viel Alkohol konsumiert hat, setzt sich nach der Feier in sein Auto und fährt nach Hause. Da er jedoch nicht mehr nüchtern ist, verursacht er auf dieser Fahrt einen Unfall, bei dem er selbst stirbt und ein fremder Autofahrer lebensgefährlich verletzt wird und für immer querschnittgelähmt bleibt.

Nehmen wir an, daß Robert ansonsten ein frommer Katholik ist, d.h. ein Katholik, der regelmäßig zu den Sakramenten geht, der zur Beichte geht, der Todsünden meidet und derart sich bemüht, ein rechtschaffenes Leben zu leben.

Und nehmen wir weiter an, daß er im Augenblick seines Todes, in einem Akt gottgeschenkter Gnade, seine Sünde der Trunkenheit bereut und also vom Herrn Verzeihung erlangt hat.

Was Robert jedoch weiterhin anhaftet, ist die Tatsache, daß er durch seine Sünde quasi eine Art geistige Finsternis in die Welt gebracht hat. Zudem: Was ist mit dem Opfer des Unfalls, dem Querschnittgelähmten, der jahre- oder jahrzehntelang an den Rollstuhl gefesselt ist aufgrund der Sünde von Robert? Robert selbst kann diese Tat nicht mehr rückgängig machen, die schrecklichen Konsequenzen des von Robert verschuldeten Unfalls - sowohl die geistigen wie die materiellen - verbleiben daher als sogenannte zeitliche Sündenstrafen auf Robert lasten.

Und hier nun greift der Ablaß.

Derjenige, der den Ablaß betet, kann die Früchte des Ablasses dem verstorbenen Robert zuwenden, damit dessen zeitliche Sündenstrafen angemessen abgebüßt werden. Der Ablaß ist folglich ein überbordendes Geschenk der Kirche, die noch über den Tod hinaus Sorge trägt für ihre Kinder, und dies, indem sie zum einen die Gemeinschaft der Gläubigen dem Beter bewußt macht, eine Gemeinschaft, in der jeder – in Art von kommunizierenden Röhren – Verantwortung für den Nächsten trägt, und zum zweiten dort Hoffnung schenkt, wo rein menschlich gesehen keine Hoffnung in Sicht ist (denn Robert kann, wie gesagt, das Geschehene nicht ungeschehen machen).

Den Beter des Ablasses hat man sich derart vorzustellen, daß er die Früchte des Ablasses gleichsam wie einen Schatz der Kirche anheimgibt, die diesen Gnadenschatz verwaltet und austeilt. Der Beter bittet für Robert, d.h. er bittet darum, daß die Frucht des Ablasses Robert zugute kommt und auf diese Weise der Beter mitwirken darf daran, daß die zeitlichen Sündenstrafen Roberts getilgt werden und seine Zeit im Fegefeuer abgekürzt wird. In den Worten einer katholischen Dogmatik: »Die Sündenstrafen, die der Ablaß nachläßt, sind die von der göttlichen Gerechtigkeit über den Sünder verhängten Strafen, welche entweder in diesem Leben oder im Fegefeuer abgebüßt werden können.«

Wenn man es recht versteht, und das heißt, wenn man es nicht rechnerisch-kalkulatorisch versteht, nicht als eine Abrechnung, so als sei Gott eine Art göttlicher Finanzbeamter, sondern im Verständnis der Logik der göttlichen Gnadenerweise, dann wird man erkennen, daß alles (auch der Ablaß), wie Pater Pio es ausdrückte, ein Liebesspiel ist: Tutto è scherzo d‘amore.

Wer die Ablaßregelung der Kirche ignoriert, weil er sie aufgrund von Vorurteil oder Ignoranz für eine Art mittelalterlichen Mummenschanz oder Aberglauben hält, der könnte beherzigen, was der heilige Pfarrer von Ars hinsichtlich der Ablaßgewinnung sagte: »Wir gehen über die Ablässe hinweg, wie man nach der Ernte über das Stoppelfeld geht. Wie sehr werden wir das in der Sterbestunde bereuen!«

Der Allerseelenablaß: Die Bedingungen

Vom 1. bis 8. November kann täglich einmal ein vollkommener Ablaß für die Verstorbenen gewonnen werden.
Neben den üblichen Voraussetzungen (Beichte, wobei eine zur Gewinnung mehrerer vollkommener Ablässe genügt; entschlossener Abkehr von jeder Sünde; Kommunionempfang und Gebet in den Anliegen des Papstes – diese Erfordernisse können mehrere Tage vor oder nach dem Kirchen- bzw. Friedhofsbesuch erfüllt werden) sind erforderlich:
a) an Allerheiligen oder am Allerseelentag oder am Sonntag vor oder nach Allerheiligen (einschließlich des Vortages ab 12 Uhr): Besuch einer Kirche oder öffentlichen Kapelle, Vaterunser und Glaubensbekenntnis; in Hauskapellen können nur die zum Haus Gehörenden den Ablaß gewinnen;
oder
b) vom 3. bis zum 8. November: Friedhofsbesuch und Gebet für die Verstorbenen.
Fehlt die volle Disposition oder bleibt eine der Bedingungen unerfüllt, ist es ein Teilablaß für die Verstorbenen. Ein solcher kann in diesen und auch an den übrigen Tagen des Jahres durch Friedhofsbesuch wiederholt gewonnen werden.