Slogans treffen bisweilen den Nerv der Zeit. Wir sind Papst!, kreiert in Deutschland 2005 zur Wahl des neuen Pontifex‘ Benedikt XVI., war so ein Slogan. Warum schlug dieser Slogan ein? Weil er mehr zum Ausdruck brachte als das Hurra beim Beginn einer Papstära. Er reklamierte vielmehr das weitaus Verführerische: Ein jeder ist sein eigenes Lehramt. Du, ich, wir alle wissen es mindestens so gut wie der rechtmäßige Papst, denn auch wir sind nicht nur Kirche, sondern Papst.
Heute, nach immerhin fünfzehn Jahren, geistert ein anderer verführerischer Slogan durch die Köpfe. Jetzt heißt es landauf landab: Wir schaffen das! Gleich welche Krise und welche Herausforderung es zu meistern gilt – wir schaffen das. Der Slogan kommt aus der Politik, hat aber rasend schnell die anderen gesellschaftlichen Bereiche erobert. Was ihn im Grunde ausmacht und also antreibt, ist zweierlei: Eine Ohnmacht und ein Trotz.
Die Ohnmacht rührt daher, daß man hilflos einem Überwältigenden gegenübersteht, von dem man im Grunde weiß, daß es mit bloß menschlichen Mitteln gerade nicht bewältigbar ist. Die Reaktion darauf ist der Trotz à la Münchhausen: Wir ziehen uns trotzdem, und zwar am eigenen Haarschopf, aus dem Sumpf.
Das letzte, wahrhaft verhängnisvolle, da klammheimlich transportierte Ingredienz ist freilich ein anderes. Der neue Slogan vermittelt nämlich die Botschaft, daß wir es schaffen ohne göttlichen Beistand. Wir schaffen es, das genügt. Die Betonung liegt auf wir. Der Liebe Gott ist überflüssig.
Unter dieser Voraussetzung schaffen wir in Wahrheit nichts.
Man sollte sich sehr gut an das Herrenwort im Johannesevangelium erinnern, welches an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt. Da heißt es: »Ohne mich könnt ihr nichts tun« (Joh 15,5). Wohlgemerkt: Nichts.
Diese Aussage Jesu muß selbst den Übersetzern zu schaffen machen. Denn in der Einheitsübersetzung wird aus der Ausschließlichkeitsaussage Jesu die abgeschwächte: Ohne mich könnt ihr nichts vollbringen. Was naturgemäß den originalen Wortlaut verbiegt. Denn tun und vollbringen sind nicht das gleiche. Vollbringen impliziert, daß wir etliche Schritte setzen, und dann kommt der Herr und vollendet unser Stückwerk. Das mag schön zusammengereimt sein, entspricht aber nicht dem, was Jesus gesagt hat. Er hat allen Ernstes davon gesprochen, daß wir ohne Ihn rein gar nichts tun können. Nicht einmal den ersten Schritt. Das heißt nicht, daß wir unsere Hände in den Schoß legen sollen. Es stellt jedoch die Verhältnisse klar. Wir sind nicht die Chefs, sondern die Mit-Arbeiter.
Wem diese Exegese zu radikal ist, der könnte sich am Anfang aller Anfänge orientieren, an Markus 1,15. Da heißt es nicht aus dem Munde Jesu: Wir schaffen das, sondern: »Kehrt um und glaubt an das Evangelium!«
Denn wer umkehrt, der schafft es.
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