Es ist ein durchgängiges Motiv in der abendländischen Malerei: Wenn es um die Anbetung der heiligen drei Könige geht, dann sind immer wieder die abgelegten Kronen eben dieser Könige dargestellt.
Meist ist der älteste König zu sehen, kniend vor dem Neugeborenen, am Boden die Krone. Aber die beiden anderen Könige tun es ihm gleich, wie bei obenstehender Abbildung eines Renaissancekünstlers zu betrachten. Der zweite König hat bereits seine Hand an der Krone, um gleichfalls den Gestus der Kronenniederlegung zu vollziehen. Und man darf zurecht erwarten, daß der dritte König, wenn er sich dem Christkind schließlich nähert, seinerseits die Krone niederlegen wird.
Damit ist alles gesagt.
Das Deutsche kennt in seiner geisterfüllten Sprache den Ausdruck: verdanken. Exakt dieses Verdanken ist bei den Alten Meistern sichtbar gemacht. Naturgemäß sagen die Könige in ihrer Gebärde der Ehrfurcht, daß ihr weltliches Herrschertum Lehensgabe des einzigen Herrschers, nämlich des Weltenherrschers, ist.
Aber darüberhinaus oder auch das Ganze grundierend sagt der Gestus der Kronenniederlegung aus, was uns alle angeht: Dir, so sagt der König, Dir, dem Christkind, gehört mein Leben, denn Dir verdanke ich es. Mein Leben – für welches die Krone als Letztsymbol gelten mag – ist, weil Du es mir geschenkt hast und seit je in Deiner Hand hältst.
Darum auch ist es nur logisch, daß das Neugeborene seine Hand ausstreckt und auf den kahlen Schädel des vor ihm Knieenden legt, um so gleichsam liebevoll-spielerisch zu bestätigen, daß es sich tatsächlich so verhält: Das Leben des Anbetenden gehört dem ewigen König.
Denn dieser König ist gut. Er ist der große Schenkende.
Grafik: Gentile da Fabriano, Anbetung der Heiligen Drei Könige
(Ausschnitt), 1423, Galleria degli Uffizi, Florenz. Wikicommons.