Schön Wär’s.
Aber leider ist Hollywood Hollywood, und das heißt immer auch krankes Hollywood.
Top Gun Maverick wird, dazu braucht es keinerlei hellseherischer Fähigkeiten, Abermillionen einspielen. Das liegt nur bedingt an den spektakulären Action- und Flugszenen. Was den Film wirklich zusammenhält – und das wissen die Drehbuchautoren - , sind die ewigen Gesetze. Und das heißt in diesem Fall die Gesetze des Heroischen, der echten Kameradschaft, des Opfers.
Wie bitte? Opfer?
Selbst in der kirchlichen Verkündigung scheut man mittlerweile den Opferbegriff wie etwas Mittelalterliches, Knechtisches, Muffiges, jedenfalls als etwas, das dem modernen Zeitgenossen nicht zugemutet werden kann.
Doch Top Gun lebt zwei Stunden lang gerade von diesem Opferbegriff. Als die Handlung kulminiert, als der Held einem mitkämpfenden Kameraden selbstlos das Leben rettet und dabei abgeschossen wird, überlebt er das Fiasko, weil besagter Kamerad nun seinerseits sein Leben riskiert, um den Star zu retten. Die halsbrecherische Aktion glückt – nur, wenig später sind beide Geretteten in Lebensgefahr.
Und auch in dieser scheinbar ausweglosen Lage bewirkt der mutige, und das heißt hier der hingebungsvolle Akt eines weiteren Kampffliegers, daß erneut Rettung geschieht.
Das Wort Opfer braucht im ganzen Film nicht zu fallen. Der Zuschauer weiß dennoch, daß das, was die Handlung belebt und trägt, genau dieses Movens ist: Die Bereitschaft von Männern, ein Opfer zu bringen für Andere. Und Opfer ist tatsächlich Opfer, denn der zum Opfer Bereite ist einverstanden, sein Leben zu verlieren, wenn es gefordert ist.
Wo die Kirche versagt, indem sie die zentrale Lebenswirklichkeit des Opfers mehr und mehr feige verschweigt, kommt Hollywood daher und inszeniert das große Spektakel des Heroismus und der Hingabe. Derart bewährt sich das physikalische Faktum des horror vacui. Leerräume bleiben nicht leer. Leerräume werden gefüllt, notfalls von Hollwood.
Doch Hollywood ist, damit wir uns recht verstehen, keine neue Kanzel. Denn da Hollywood krank ist, bleibt es nicht bei der Geschichte männlichen Muts und männlichen Heldentums. Eine sogenannte Liebesgeschichte muß her. Und man ahnt es bereits: Die Liebesgeschichte ist eine Geschichte der Unzucht. Die Frau, alleinerziehend, der Ehemann in der Wüste, der Held der verflossene mehrmalige Liebhaber und flugs der neue lover. Nichts Neues unter der Sonne. Die kranke Agenda muß unters Volk.
Dazu gehört dann auch der ach so bedeutungsschwere Satz der alleinerziehenden Mutter (bezeichnenderweise beim halbnackten tête-à-tête geraunt), sie habe gelernt, daß ihre Tochter (die gerade die Nacht außer Haus verbringt) ihre eigenen Erfahrungen machen müsse. Dem Zuschauer wird freilich nicht gesagt, daß mit dieser Dämlichkeit und Unverantwortlichkeit die Tochter den bösen Erfahrungen schnurstracks in den Rachen geworfen wird.
So what?
Väter, die mit ihren Söhnen ins Kino gehen, sollten klar sehen. Sei es vorher, sei es nachher ist es notwendig, den Söhnen zu helfen, das Gesunde vom Kaputten zu unterscheiden, das Gerade vom Abwegigen. Diese Unterscheidung ist keine nebensächliche, sondern die wesentliche. Der in die Jahre gekommene Tom Cruise hilft da nicht weiter. Die Väter sind gefragt.
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