Samstag, 18. April 2020
Der dritte Tag
Einer der offiziellen Titel der Muttergottes lautet: Ursache unserer Freude (causa nostrae laetitiae).
Im Licht von Emmaus versteht man diesen Titel nochmals besser.
Maria ist diejenige, die, noch durch die Finsternis des Karsamstags hindurch, den Glauben bewahrt. Maria zweifelt nicht an ihrem Sohn. Sie glaubt Seiner Verheißung, daß Er, wie Er es gesagt hat, am dritten Tage auferstehen wird. Eben deswegen ist es unmöglich, Maria als eine Hoffnungslose und Unglückliche am Ostermorgen sich vorzustellen. Diejenige, die geglaubt hat, ist am Ostermorgen keine Verzweifelte. Sie wartet, sehnsuchtsvoll, und wird diejenige sein, die ihr Sohn in der Frühe des Ostersonntags als Erste besucht. Sie ist und bleibt die Ursache unserer Freude.
Die Emmausjünger dagegen sind am Ostertag, wie Lukas berichtet, in der Traurigkeit – sie blieben traurig stehen. An die Auferstehung glauben sie nicht, die Hoffnung haben sie aufgegeben - wir aber hatten gehofft. Darum tadelt sie der Herr: O ihr Törichten!
Um recht zu verstehen: Es gibt sehr wohl Gründe, traurig zu sein. Der Karfreitag ist ein schrecklicher, trauriger Tag. Der Karsamstag ist ein schrecklicher, trauriger Tag. Wie könnte es anders sein? Die Menschen töten ihren Erlöser. Der Erlöser liegt im Grab. Gibt es Schrecklicheres und Traurigeres?
Aber der dritte Tag ist ein anderer Tag. Der dritte Tag ist kein Tag der Trauer. Darum auch gehört es zu den Vorhersagen Jesu, daß Er dann, wenn er von Seinem Leiden spricht, es nicht bei den Leidensansagen beläßt, sondern stets das entscheidende Faktum nennt, nämlich daß er am dritten Tage auferstehen wird (siehe etwa die drei Leidensankündigungen beim Evangelisten Markus: 8,31ff; 9, 30ff; 10,33ff).
Die Emmausjünger sind in der Traurigkeit, weil sie eben an diesen dritten Tag, wiewohl Jesus ihn vorhergesagt hat, nicht wirklich glauben. Nicht umsonst gehen sie aus Jerusalem, der lukanischen Stadt, wo sich das Heil vollzieht, weg. Sie gehen weg, weil sie an das Heil nicht glauben. Erst am Ende der Erzählung, als der Herr ihnen die Augen geöffnet hat, gehen sie zurück nach Jerusalem und also in die Stadt der Erfüllung und also in den Osterglauben hinein.
Mit anderen Worten: Der Unglaube führt in die Traurigkeit, der Glaube in die Freude. Wenn Jesus sagt: So und so verhält es sich, dann lautet die Antwort des Jüngers: Ja, Herr, ich glaube. Und dieses Einverständnis führt in die Freude.
Selbst Maria Magdalena, die weiß Gott eine große Liebende ist, muß in ihrer Liebe wachsen und sich folglich die Frage der Engel am leeren Grab anhören: Frau, warum weinst du? Und ein zweites Mal die exakt gleiche Frage aus dem Mund Jesu: Frau, warum weinst du?
Warum? Ist diese Frage nicht unmenschlich angesichts der Fakten? Hat Maria Magdalena nicht alles Recht der Welt, zu weinen?
Ja, weltlich gesehen hat sie recht zu weinen. Aber der Herr führt Seine Freunde nicht in die Welt, sondern in die Über-Welt, denn ihr seid gestorben und euer Leben ist mit Christus verborgen in Gott (Kol 3,3). Er will nicht, daß wir weltlich rechnen, sondern daß wir übernatürlich glauben. Wenn wir dies auf Sein Geheiß hin tun, dann hört das Weinen auf, dann ist der dritte Tag angebrochen.
Grafik: Piero della Francesca. wikicommons