Vielleicht geht es Ihnen ähnlich?
Manchmal möchte man einen guten Film anschauen. Und dann geht man vielleicht in ein Papierwarengeschäft und schaut sich das preiswerte Angebot an DVD’s an. Und was stellt man fest?
Der Horror hat Hochsaison. Sage und schreibe ein geschätztes Drittel des Angebots, wenn nicht noch mehr, präsentiert sich als gruselige, blutrünstige Schocker. Bereits die Covers sprechen für sich. Es geht stets mörderisch zu, abgebildete Gesichter sind zu Fratzen denaturiert, bluttriefende Messer sind Standardrequisiten.
Die letzten Jahre und Jahrzehnte hat man im Gefolge des Zweiten Vatikanums immer wieder die berühmten Zeichen der Zeit beschworen. Hier haben wir nun auch ein solches Zeichen der Zeit, welches im Licht des Evangeliums gedeutet sein will. Und da schlagen wir mal das Folgende vor.
In einer Zeit, in der die Tötung ungeborener Kinder jedes Jahr, und dies seit Jahrzehnten, 40 Millionen und mehr beträgt, und in einer Zeit, in der diese globale Tötung weitestgehend verschwiegen beziehungsweise tabuisiert wird, schafft sich die Wahrheit dieses kaschierten Horrors nun Raum auf den Mattscheiben in unseren Wohnzimmern. Denn dies ist ein geistlicher Grundsatz: Die Wahrheit mag man unterdrücken, sie ist gleichwohl nicht auslöschbar.
Dies gilt im Leben des Einzelnen wie im Leben von Kollektiven. Das ehemalige kommunistische Regime in der Sowjetunion versuchte siebzig Jahre lang, und dies mit brutalsten Methoden, dem christlichen Leben den Garaus zu machen. Christliche Dissidenten wurden in Gulags abtransportiert und gefoltert, umerzogen, terrorisiert, ermordet, Bürger unterlagen der fortwährenden Bespitzelung und Überwachung, Kirchen und Klöster wurden geschändet, zerstört, aufgelöst und bestenfalls als museale Relikte einer feudalen Zeit geduldet.
Doch trotz aller verzweifelten Anstrengungen des Regimes, die Wahrheit der christlichen Religion zu unterdrücken und auszulöschen, blieb die Wahrheit da.
Auch die Wahrheit der millionenfachen Kindstötungen bleibt da. Sie mag unter den medialen Teppich gekehrt werden, sie mag selbst zu einem furchtbaren Recht mutieren. Das blutige, versteckte Geschäft wird dennoch sichtbar, unter anderem auf den millionenfach reproduzierten Covers von Horrorvideos, die jedem ad oculos demonstrieren, in welcher blutigen Zeit wir leben.
Freilich: Man kann auch weiterhin die Augen verschließen und so tun, als sei alles in bester Ordnung, solange es im DVD-Regal der Papierwarengeschäfte ja auch Filme von Rosamunde Pilcher gibt oder vom stets gut gelaunten Bud Spencer oder dem obercoolen Frauenverführer 007 Bond. Man müsse, so das wohlfeile Räsonnement, schließlich keinen Horrorfilm konsumieren.
Ja, muß man nicht. Sollte man auch nicht. Aber das Menetekel bleibt trotzdem da und wartet darauf, entziffert zu werden.
Dazu paßt der neueste Horrorstreifen, diesmal von Profi Stephen King. Es, so der Titel. Und bereits der ist verräterisch genug. Das Böse ist bereits dermaßen anonym geworden, daß es keinen Namen mehr hat. Es ist einfach da und zerstört. Es raubt die Kinder. Es bringt Kinder um. Und Es versteckt sich. Aber nicht irgendwo, sondern im Unterirdischen, in der Abwasserkanalisation. Denn zum Horror gehört zweierlei: Daß er sich verbirgt, maskiert, und daß er von den Verantwortlichen nicht wahrgenommen werden will.
Bezeichnenderweise sagt einer der Protagonisten, in dessen Stadt Derry die Morde geschehen, daß sich die Leute dort daran gewöhnt haben, woanders hinzuschauen: “In Derry, people have a way of looking the other way.” Man schaut weg. Das ist bequemer. Das beruhigt scheinbar die Nerven. Während Es weiterhin im Untergrund Kinder tötet.
Und bezeichnenderweise sind es Kinder, die in der Routine des Wegschauens noch nicht so trainiert sind, die in Kings Werk mit der Aufdeckungsarbeit beginnen.
Als Kings Buch 1990 erstmals verfilmt und im Fernsehen gezeigt wurde, war der Horror selbst den Drehbuchautoren wohl zu viel. Am Ende ließen sie Ben und Beverly, zwei der Hauptdarsteller, heiraten, und – die Beiden erwarteten ein Kind.
Das Kind: Wer würde darin nicht den Träger der Hoffnung und der Zukunft sehen? Doch Zukunft setzt voraus, daß die Schrecken der Gegenwart nicht länger vertuscht, sondern aufgedeckt und beendet werden. Es muß demaskiert werden. Die Abtreibung muß demaskiert werden. Denn die Wahrheit ist da, vor unseren Augen.
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