Aurelius Augustinus
Grafik: pixabay.com
Aurelius Augustinus
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Wahrscheinlich würden die Meisten, wenn nicht sogar Alle, vorausgesetzt, man gibt ihnen die nötige Zeit zum Nachdenken, darin übereinstimmen, daß es nur eine brennende Frage im Leben gibt, nämlich diejenige, wie es sich mit dem Tod verhält.
Der Tod macht uns alle gleich. Oder, in den pessimistischen Worten Schopenhauers: »Zuletzt muß er siegen: denn ihm sind wir schon durch die Geburt anheimgefallen, und er spielt nur eine Weile mit seiner Beute, bevor er sie verschlingt.«
Selbst derjenige, der dem Tod davonzulaufen versucht, entgeht ihm nicht. Der Tod wird eines Tages schneller sein und den Davonlaufenden einholen. Bekannte Erzählungen belieben dieses Motiv zu variieren, etwa indem sie von einem Geängsteten zu berichten wissen, dessen bevorstehender Tod an dem und dem Ort zu der und der Zeit angekündigt wird, und der daraufhin wähnt, dem Tod ein Schnippchen schlagen zu können, indem er sich zur angesagten Zeit an einen gänzlich anderen Ort begibt. Doch was geschieht? - Eben an diesem neuen, angeblich so sicheren Ort, erwartet ihn der Sensenmann mit der Selbstverständlichkeit dessen, der seit eh und je genau an diesem Ort auf den Todgeweihten gewartet hat.
Der Philosoph Paul Ludwig Landsberg (1901 – 1944) hat sich immer wieder mit der Todesfrage auseinandergesetzt.
Aus einer jüdischen Familie stammend, später jedoch zum katholischen Glauben konvertierend, hört er bereits in jungen Jahren solch berühmte Geistesgrößen wie Husserl und Scheler. Freiburg, Berlin und Bonn sind die Stätten seiner akademischen Laufbahn. Die Habilitationsschrift widmet er Augustinus.
Die philosophische Auseinandersetzung mit der Tatsache des Todes geht dem parallel. Seine Einführung in die philosophische Anthropologie stellt sich bereits der Grundfrage des menschlichen Daseins. Oder: Landsberg publiziert einen großen Essay unter dem Titel Die Erfahrung des Todes (»Was bedeutet der Tod für uns Menschen? Die Frage ist unerschöpflich; es geht um das Mysterium des Menschen selbst, dem man sich mit dieser Frage von einer bestimmten Seite nähert. Jedes wahre philosophische Grundproblem enthält alle anderen in der Einheit des Geheimnisses.«) und veröffentlicht einen Aufsatz zur Thematik Das moralische Problem des Selbstmordes (seine Mutter scheidet 1938 durch Selbstmord aus dem Leben)..
Hinzukommt, daß seine Herkunft als gebürtiger Jude in der Nazidiktatur für Landsberg eine permanente existentielle Bedrohung darstellt. Er geht ins Exil, die Lehrbefugnis wird ihm entzogen, in Frankreich schließt er sich der Résistance an. 1943 fällt er aufgrund von Verrat in die Hände der Gestapo und wird in das KZ Sachsenhausen abtransportiert, wo er entkräftet vom unmenschlichen Lageralltag am 2. April 1944 stirbt.
Der Gefahr der nazistischen Verfolgung durchaus bewußt, trägt Landsberg stets eine Ampulle mit sich, die ein tödliches Gift enthält, welches er bei Bedarf sich verabreichen will, um der tödlichen nazistischen Unterdrückung zuvorzukommen.
Doch es kommt anders. Landsberg endet nicht im Selbstmord.
Mitten im Zweiten Weltkrieg, im Sommer 1942, zerstört Landsberg die tödliche Ampulle. In seinem Tagebuch schreibt er, er habe Christus gefunden, der sich ihm geoffenbart habe.
Dieses Finden ändert alles. Die Todesfrage ist endgültig beantwortet.